Lauenburg. Diebstahl von 100 Pfund Fisch, ein nächtlicher Angriff auf einen Arbeiter: In den Dörfern an der Elbe war einiges los vor 150 Jahren.

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In unserer ersten Podcast-Folge zum Jubiläum 150 Jahre Lauenburgische Landeszeitung ging es um die große Politik und Nachrichten aus aller Welt, mit denen sich die „Allgemeine Lauenburgische Landeszeitung“ in ihren ersten Ausgaben 1870 beschäftigt hat. In der zweiten Podcast-Folge steht das Lauenburgische im Mittelpunkt. Was hat die Zeitung damals aus den Orten an der Elbe, aus Ratzeburg und den Dörfern berichtet?

Damals wie heute sind Themen rund um die Schifffahrt und die Elbe wichtig, gibt es Infos von Generalversammlungen der Vereine und Ärger über marode Brücken. Dazu kommen Polizeimeldungen und Falschmeldungen – letztere natürlich nur aus anderen Zeitungen.

Der Lauenburger Schifffahrts-Verein und die Blockade

Der deutsch-französische Krieg, in dem auch das 9. Lauenburger Jägerbataillon kämpfte, ist allgegenwärtig. Meldungen aus den „Verlustlisten“ gehören zum Alltag. Die Binnenschifffahrt litt unter der Blockade der norddeutschen Küsten, die die französische Regierung schon zu Beginn des Krieges im Juli 1870 angeordnet hatte.

Der Lauenburger Schifffahrts-Verein trifft sich und die Allgemeine Lauenburgische Landeszeitung berichtet am 11. Oktober darüber: „Die Versammlung des Lauenburger Schifffahrts-Vereins am Sonntagabend eröffnete der Vorsitzende mit einem Ueberblick über die seit der letzten Versammlung so plötzlich über uns hereingebrochenen politischen Ereignisse, welche auch viele Mitglieder des Vereins mitten aus Geschäft und Familie gerissen, über blutgetränkte Schlachtfelder fort bis vor die feindliche Hauptstadt geführt habe. Ihnen, sowie der gesammten tapferen deutschen Armee, vor Allem Sr. Majestät dem obersten Kriegsherrn und den weisen Führern wurde hierauf von der Versammlung ein dreimaliges Hoch ausgebracht dafür, daß sie mit Gottes Hülfe die Gräuel des mörderischen Krieges von Deutschlands Boden fern gehalten

Herr v. d. Sandt fuhr dann fort: Unter den Franzosen aufzuerlegenden Friedensbedingungen wird auch die Bezahlung der durch den Krieg verursachten Kosten aufgenommen werden, und zwar sowohl der direkten für Mobilmachung, Bombardements, Wegnahme von Schiffen u. s. w., wie auch der nachweisbar indirekten. Zu den indirekten gehören die dem deutschen Handel und der deutschen Schifffahrt durch die Blockade zugefügten Nachteile, über deren Feststellung die Handelskammern unserer Seehafenplätze bereits Vereinbarungen treffen. Bestimmte Regeln zur Feststellung der Nachteile, welche der Binnenschifffahrt, namentlich der Elbschifffahrt, durch die Blockade erwachsen, sind noch nicht laut geworden, weshalb es wol angebracht erscheint, daß der hiesige Verein diese Sache in die Hand nimmt.“

Lange Texte über Versammlungen, Brückensperrung als kurze Notiz

Soweit die ersten Absätze des langen Original-Berichts von dieser Versammlung. Langatmige Artikel über Generalversammlungen nehmen häufig breiten Raum in den eng beschrieben Zeitungsspalten ein. Verblüffend kurz sind dagegen manche wichtigen Meldungen wie diese hier: „Kuddewörde, 4. Okt.: Die bei Grande über die Bill führende Brücke ist wegen gefahrdrohenden Zustandes vom 1. d. an bis auf Weiteres abgesperrt worden. Der Verkehr von Lauenburg nach Holstein ist demnächst auf den Weg über Hamfelde verwiesen.“

Haltet den Dieb – und 8 Pfd. Bonbons, Pfeffer und Haaröl

Höchst detailliert hingegen liest sich damals so manche Polizeimeldung, etwa diese mit der Überschrift Diebstähle: „Gegenwärtig scheinen im Herzogthum die Diebe es darauf abzusehen, von sich reden zu machen. So wurde am 30. Okt. in der Göldenitzer Mühle eine Taschenuhr von zwei Handwerksburschen gestohlen und in Mölln verkauft, ferner wurden in der Nacht zum 6. Nov. aus dem Wahrensteiche bei Labenz etwa 100 Pfd. Fische gestohlen. Ein bedeutendes Geschäft machten die Diebe aber in der Nacht zum 8. Nov. bei einem Kaufmann in Elmenhorst, dem sie mittels Einbruchs 1 Sack Kaffee (149 Pfd.), 2 Hut Zucker (38 Pfd.), 2 Schiebladen voll braunen Zucker, 30-40 Pfd. Reis, 8 Pfd. Bonbons, außerdem größere und kleinere Quantitäten von Pfeffer, Stearinlichten, Rosinen, Korinthen, Schnürbändern, Hosenträgern, Kaueel, Elfenbein- und Hornkämmen, Pfeifen, Pfeifenrohren, Handstöcken, Stahlfedern, Mustardkruken, Käse, Portemonnaies, Tabak, Zigarren, Kratznägeln, Haarpomade, Haaröl, Pfeifenköpfen u. Abgüssen, selbst die Honigwaben aus dem Bienenstocke und 6 Tahr. baares Geld entwandten.“

Eine andere Polizeimeldung beschäftigt sich mit einem Überfall – und endet mit einer sprachlich hübsch formulierten Vermutung: „An Sonntagabend wurde auf der Elbstraße vor der Maurer-Herberge ein hiesiger Arbeitsmann von zwei Individuen, einem Maurer- und einem Schuhmachergesellen, überfallen und arg misshandelt, und zwar so, daß das eine Auge und der Hinterkopf bluteten und ärztliche Hülfe herbeigeholt werden musste. Die Thäter wurden noch an demselben Abend verhaftet und scheint der Branntwein bei diesem Unternehmen die Haupttriebfeder gewesen zu sein.“

Raub, Feuer, Falschgeld – dies und mehr ist von heute an in unserer zweiten Folge des Podcasts „Vor 150 Jahren...“ zu hören. Auch von der Falschmeldung natürlich, von der hier anfangs die Rede war.