Hamburg. Der ehemalige HSV-Trainer Thorsten Fink spricht im Podcast über die Situation in Japan – und zieht Vergleiche zu Deutschland.

Als Thorsten Fink am Dienstag um kurz vor 19 Uhr Ortszeit im japanischen Kobe ans Telefon geht, ist dem früheren HSV-Trainer die Nervosität deutlich anzumerken. „In ein paar Minuten wird sich der Premierminister an die Bevölkerung richten und vermutlich den Notstand ausrufen“, vermutet Fink – und soll recht behalten.

Noch während der Coach des J-League-Teams Vissel Kobe den täglichen Telefon-Podcast „HSV – wir reden weiter“ aufzeichnet, verkündet Japans Regierungschef Shinzo Abe tatsächlich für sieben Regionen den Notstand. Der ganz normale Corona-Wahnsinn.

Fink spricht über positiv getesteten Sakai

Für Fink, der seit dem vergangenen Sommer in Kobe arbeitet, hätte das Timing nicht schlechter sein können. Der 52-Jährige hatte gerade erst zwei Wochen Quarantäne über sich ergehen lassen, nachdem Ex-HSV-Profi Gotoku Sakai positiv auf Covid-19 getestet worden war. „Ihm geht es wieder gut“, versichert Fink. Nun muss der Coach allerdings überlegen, wie er das Training während der verlängerten Spielpause trotz des Notstands aufrechterhalten kann.

Japan ist ein schönes Beispiel, das verdeutlicht, wie schnell in Corona-Zeiten Spiel- und Trainingspläne Makulatur sein können. Denn während der Ball vor gut zwei Wochen in Deutschland bereits pausierte, konnte im knapp 9000 Kilometer entfernten Japan noch immer trainiert werden.

Dann klagte der frühere Hamburger Sakai erstmals über körperliche Probleme. Über Nacht kamen Fieber und Atemschwierigkeiten hinzu, wenig später stand fest: Covid-19. Sakai, Fink und das komplette Team mussten in Quarantäne – und der geplante Neustart der J-League am 7. Mai wurde eilig in den Juni verlegt. Frühestens. Stand jetzt.

In Japan soll nun alles strenger werden

„Bei uns ist die Entwicklung gegensätzlich zu Deutschland“, sagt Fink. „Lange Zeit war bei uns in Kobe alles noch sehr human. Alle waren natürlich vorsichtig, aber sogar die Geschäfte hatten geöffnet. Und während jetzt in Deutschland über Lockerungen der Bestimmungen diskutiert wird, soll in Japan nun alles sehr viel strenger werden.“

Vorerst hat Fink seinen Profis bis zum 20. Mai frei gegeben – und fragt sich aus dem fernen Japan, ob in Deutschland tatsächlich Anfang Mai der Ligabetrieb schon wieder starten kann. „Was ist denn, wenn sich auch nur ein einziger Spieler wieder infiziert?“, fragt er – und fügt augenzwinkernd hinzu: „Ich bin ja nur ein dummer Trainer.“

Doch natürlich haben sich auch schon mutmaßlich ganz schlaue Menschen die gleichen Gedanken gemacht. So soll die neu gegründete medizinische Taskforce der Deutschen Fußball Liga vorgeschlagen haben, dass Profis nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs alle drei Tage auf eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus getestet werden sollten.

Fink un die Langeweile in der Quarantäne

Bei einem positiven Befund soll dann nur noch der Infizierte in Quarantäne und nicht mehr die ganze Mannschaft. Eine Lösung, die auch Fink für praktikabel hält: „Das wäre sinnvoll.“

Sein größtes Problem in der Quarantäne: „Es war wirklich sehr langweilig.“ Für etwas Ablenkung hat nur Athletiktrainer Nikola Vidovic gesorgt, der mit Fink bereits 2011 bis 2013 in Hamburg zusammen arbeitete. „Wir haben ein Cybertraining mit der ganzen Mannschaft gemacht“, berichtet Fink. Vidovic habe ein Fitnessprogramm im eigenen Wohnzimmer vorgemacht – und die gesamte Mannschaft habe das Programm synchron über die App Zoom nachgemacht.

Fink bleibt ein unverbesserlicher Optimist

Gravierender als die Langeweile sind aber vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Krise. Während es Vissel Kobe dank des milliardenschweren Besitzers Hiroshi Mikitani vergleichsweise gut gehe, hätten gleich mehrere japanische Clubs durch die lange Zwangspause Existenzängste. Aber das sei ja in Deutschland nicht anders, sagt Fink und erinnert an seinen Ex-Club KSC. Dass die Karlsruher eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstreben, habe er auch im fernen Kobe mitbekommen. „Ich verfolge das alles mit großer Sorge“, sagt Fink.

Doch Corona hin, Corona her – Fink bleibt ein unverbesserlicher Optimist. „Wir werden das alles überstehen!“

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