Hamburg. Im Abendblatt-Podcast „Geliebt & Unvergessen“ erinnert der Pianist, wie der Sänger als Student war und durch die Hamburger Clubs zog.

Sein Tod hat fassungslos gemacht. Mit nur 45 Jahren starb Roger Cicero an den Folgen eines Hirninfarkts. Der begnadete Jazz- und Swingmusiker war zu diesem Zeitpunkt, im März 2016, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, er hatte gerade ein neues Album veröffentlicht, war zweimal für den Echo nominiert, wollte auf Tour gehen. Für seinen Musikerkollegen, den Pianisten Joja Wendt, klafft seitdem eine Lücke in der deutschen Musikwelt – die auch nie wieder geschlossen werden wird.

„Seine Farbe, sein Wesen, sein Es­prit wird für immer fehlen. So etwas gibt es nicht noch mal“, erzählt Joja Wendt in der neuen Folge des Abendblatt-Podcasts „Geliebt & Unvergessen“, in dem Weggefährten an verstorbene Hamburger erinnern. „Wir haben ganz tolle Sänger in Deutschland, aber Roger war ein Virtuose, so einen haben wir noch nie gehabt und kriegen wir auch nie wieder. So ein Genie fällt nicht dauernd vom Himmel.“

Cicero und Wendt kannten sich seit den Neunzigern

In diesem Jahr wäre Roger Cicero 50 Jahre alt geworden. Joja Wendt kannte den Sänger bereits als jungen Mann. Anfang der 1990er-Jahre studierten die beiden Musiker in den Niederlanden an der „Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten“ in Hilversum.

Im Gespräch mit Abendblatt-Redakteurin Jule Bleyer erzählt Joja Wendt vor allem von der Zeit, bevor Roger Cicero berühmt wurde: wie er als Student war, danach ziemlich mittellos durch die Hamburger Musikszene tingelte, in Angie’s Nightclub auftrat und eher durch glückliche Umstände seinen großen Durchbruch erlebte.

Cicero wohnte in einer Party-WG

„Rogers WG war berühmt dafür, jedes Wochenende eine Riesenparty zu schmeißen“, sagt Joja Wendt. „Die ganzen Studenten kamen dorthin, wir haben Musik gemacht, in der Wohnung stand auch ein Flügel, und Roger war mittendrin. Er war immer wahnsinnig fröhlich und gut gelaunt.“

Die Uni habe Cicero sehr gut abgeschlossen, so Wendt, der seinen Kommilitonen in den Gesangsstunden am Klavier begleitete. Von seinen Dozenten habe der Sänger wahnsinnig viel gelernt. „Auf alten Aufnahmen singt er eher noch gerade, dieses Virtuose in der Stimme hat er dort gelernt“, sagt Wendt.

Wendt: Roger Cicero war eine Nachteule

Es folgten lange Abende in den Hamburger Clubs – bei lausiger Bezahlung. „Er hat wirklich Staub gefressen in der Zeit“, sagt Wendt. Es sei ums Dabeisein gegangen und um den Spaß. „Ich glaube, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass er eine Nachteule war und gerne auch mal was getrunken hat“, sagt Wendt. „Das war schon während des Studiums so, und in Holland, das kann man sich vorstellen, sind auch noch Drogen im Spiel. Das hat er schon gerne gemacht.“

Roger Cicero sei ein „Genie und Ausnahmetalent“ gewesen, doch jeder Künstler müsse erst einmal wahrgenommen werden. Dazu kam es 2005, als der gebürtige Berliner bei einem Konzert von Wendt in der Laeiszhalle auftrat.

Der Sänger genoss seinen Erfolg

Im Podcast erzählt Wendt, wie Cicero danach zum Publikumsliebling wurde, warum den Hit „Zieh die Schuh aus“ niemand anderes singen konnte und wie sehr der Sänger seinen Erfolg genossen hat. „Er war in der Blüte seines Lebens, hatte Energie, trank nicht mehr, machte viel Yoga, achtete auf seinen Körper“, sagt Wendt. „Seinen Tod hat niemand für möglich gehalten.“

Diese und alle weiteren Folgen des Nachruf-Podcasts „Geliebt & Unvergessen“ finden Sie auf abendblatt.de/podcast.