Sprachlose Aktien-Händler, Börsenkurse im freien Fall - und eine Besserung der Finanzlage ist nicht in Sicht. Die Broker sind ratlos.

Frankfurt/New York. "Ich bin sprachlos. Wie soll man das hier noch erklären?" Selbst den erfahrensten Händler auf dem Frankfurter Börsenparkett fehlen die Worte angesichts der panikartigen Flucht aus den Aktien. Wie zuvor in New York und Tokio gehen die Kurse auch an der Deutschen Börse in den freien Fall über. Es gibt kein Halten, nichts scheint den Abwärtstrend stoppen zu können.

Der erneute schwarze Börsenfreitag war für Händler fast schon vorprogrammiert: "Im Moment weiß man doch schon beim Frühstück, was einem bevorsteht...", sagt einer. "Nachdem die Wall Street mit 7 und Tokio mit über 9 Prozent im Minus geschlossen hatte, war hier doch im Grunde schon alles schon gelaufen" heißt es. Wenn an den wichtigen Handelsplätzen die Panik ausbreche, könne sich dem einfach niemand entziehen.

So eindeutig sind die Vorzeichen derzeit, dass es für Händler nur eine Richtung geben kann: "Und das ist nicht oben, ganz sicher nicht", stellt ein Händler trocken fest. Und so setzt der DAX seinen atemberaubenden Sturz fort, Weiß auf Schwarz dokumentiert auf den großen Anzeigetafeln im Frankfurter Handelssaal: Zeitweise kracht der Leitindex 10 Prozent ins Minus.

Es ist ein Crash auf Raten, der sich am Freitag fortsetzt. In Wien wird der Handel ausgesetzt, in der Schweiz sprechen Marktbeobachter von "Bungee Jumping ohne Gummiseil". In Hong Kong sagt Händler Paul Law, er werde sich jetzt "hinsetzen und beten". "Ich halte es nicht mehr aus, dem Markt zuzusehen. Es ist herzzerreißend. Und ein Ende der Verluste ist absolut nicht in Sicht."

"Momentan ist der Markt einfach in Panik", bringt es der New Yorker Chefökonom David Wyss von der Ratingagentur Standard & Poor's auf den Punkt. Zum sechsten Mal in Folge hatte der Dow Jones Index am Donnerstag dreistellige Verluste erzielt - das gab es noch nie. "Niemand will mehr ein Risiko eingehen. Alle wollen an ihr Geld und es unter die Matratze legen", sagt Wyss. Doch das Ergebnis ist eine gigantische Kapitalvernichtung: So haben sich allein in der Nacht auf Freitag 872 Milliarden Dollar an Aktienkapital in Luft aufgelöst.

Und was steht den Börsen in den nächsten Tagen und Wochen bevor? "Das hier ist noch lange nicht der Tiefpunkt, da bin ich mir sicher", sagt eine Frankfurter Händlerin. Ein Absturz bis auf 3500 Punkte wie nach dem 11. September sei jetzt wahrscheinlich: "Nachhaltige Kursgewinne wird es in diesem Jahr nicht mehr geben", lautet ihr tiefschwarzer Ausblick. "Die kommen frühestens Ende nächsten Jahres, vielleicht sogar noch später."