Dabei könne es einen niedrigen, zum Teil kostenlosen Tarif bis zu einem bestimmten Energieverbrauch geben. Gabriel rechnet mit weiter steigenden Preisen.

Berlin. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat wegen der drohenden Explosion der Gaspreise die Einführung von Sozialtarifen für ärmere Bürger gefordert. "Wir haben ja andere Beispiele in Europa, wo das der Fall ist", sagte Gabriel in Berlin. Langfristig würden die Energiepreise bei einer wachsenden Weltbevölkerung steigen. "Deswegen muss man weg von der Droge Öl und der Droge Gas."

Verbraucherschützer halten mehr staatliche Förderung bei der Gebäudesanierung langfristig sinnvoller als Sozialtarife. Die Bundesregierung müsse dringend mehr Geld in die Hand nehmen, um Haus- und Wohnungsbesitzer zur besseren Dämmung ihrer Gebäude, zur Anschaffung effizienter Heizungen oder neuer Fenster zu ermutigen. "In der Energie-Effizienz liegen wahnsinnig große Reserven", sagte der Energie-Experte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Holger Krawinkel. Auch Gabriel verwies auf das Energiesparen: "Wir verschwenden sehr viel."

Gabriel schlug eine Änderung des Mietrechts vor, damit Vermieter sich den sinkenden Heizkostenanteil mit dem Mieter teilen und für Investitionen nutzen könnten. Auch müssten Mietwohnungen gebaut und saniert werden. "Darüber reden wir derzeit mit der Wohnungswirtschaft und auch dem Mieterbund."

Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn bezeichnete Sozialtarife als Tropfen auf dem heißen Stein: "Wir müssen den Menschen und gerade hier den Haushalten mit niedrigem Einkommen beim Energiesparen helfen." Die Linke unterstützte Sozialtarife: "Für Privathaushalte mit kleinem Geldbeutel muss der Gaspreis halbiert werden", sagte der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Hans-Kurt Hill.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel forderte, für Energie entweder die Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent zu senken oder die Ökosteuer entsprechend zu reduzieren. Der Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt müsse angekurbelt werden. Zudem solle auf den Atomausstieg verzichtet werden. "Wir brauchen einen vernünftigen Energiemix", sagte Niebel.

Gabriels Staatssekretär Michael Müller (SPD) hatte am Wochenende gesagt, er halte im Herbst eine weiteren Anstieg der Gaspreise um bis zu 40 Prozent für möglich. Der Grund seien die Koppelung an den Ölpreis und spekulative Gewinne. Gabriel, der bereits im Januar Sozialtarife bei Energie gefordert hatte, lehnte die seit langem bestehende Koppelung ab. "Ich glaube, dass das falsch ist."

Der Präsident des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters, nannte die Kopplung "nicht mehr zeitgemäß". "Es handelt sich hierbei um eine kartellrechtswidrige Preisabsprache, die im Grunde gar nicht stattfinden darf, wenn man es streng nimmt", sagte er dem Sender N24.

Nach Ansicht von Verbraucherschützer Krawinkel würde eine Entkoppelung des Gas- vom Ölpreis nicht viel bringen. "Wenn wir eine Gas-Börse hätten, gäbe es auch Spekulanten." Das Gas-Angebot ist weltweit knapp und bereits über Jahrzehnte durch feste Lieferverträge verkauft. Den Bürgern riet er zu prüfen, ob sich beim Gaspreis ein Anbieterwechsel lohnt. "In einigen Regionen ist das eine interessante Sache."