Die Bespitzelung bei der Deutschen Telekom ist offenbar in größeren Dimensionen abgelaufen als bisher bekannt: Das Unternehmen soll nach einem Medienbericht bereits im Jahr 2000 Spitzelaufträge erteilt haben, um Informanten aus dem Konzern auf die Schliche zu kommen. Und dabei soll man sich nicht nur auf die Auswertung von Telefondaten beschränkt haben.

Bonn/Hamburg. Wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) in ihrer Donnerstagsausgabe berichtet, wurde 2000 ein Spitzelauftrag von einem Mitarbeiter 2000 vergeben, der später zum Leiter der Telekom-Konzernsicherheit aufgestiegen ist. Unklar ist nach Angaben der Zeitung aber, in wessen Auftrag er gehandelt habe. Vorstandschef war damals Ron Sommer.

Für den Spitzelauftrag 2000 wurde nach Informationen der Zeitung die Berliner Control Risks Group (CRG) als Partner gewählt. "Wir haben dazu nichts in unseren Unterlagen gefunden. Wenn es so gewesen sein sollte, wäre das ein klarer Verstoß gegen sämtliche internen Ethikrichtlinien", sagte Jürgen Stephan, seit 2003 CRG- Geschäftsführer. Die gesamte Abteilung Corporate Investigations sei Anfang des Jahrzehnts ausgetauscht worden. Control Risks habe interne Untersuchungen eingeleitet und nehme die Vorwürfe sehr ernst, sagte Stephan laut Angaben der "Financial Times Deutschland".

Nach weiteren Angaben des Blattes suchte als Subunternehmen für den ehemaligen Staatskonzern die von Ex-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nach einem Leck bei der Telekom. Im Visier habe dabei unter anderem ein Reporter der FTD gestanden. Ein Konzernsprecher sagte, der Fall sei dem Unternehmen nicht bekannt.

Wie das Hamburger Wirtschaftsblatt weiter berichtete, seien die Methoden weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinausgegangen. Die privaten Fahnder versuchten sogar, mit versteckter Kamera Hinweise auf die Kontaktperson des Reporters zu finden. Dies lege nahe, dass die Telekom jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und ihre Spitzenkräfte unterhalten habe, resümierte das Blatt.

Der Aufsichtsrat der Telekom stärkte unterdessen Vorstandschef Rene Obermann in der Bespitzelungsaffäre den Rücken. Das Kontrollgremium habe ausdrücklich die von ihm eingeleiteten Maßnahmen begrüßt und seinen Kurs unterstützt, um künftig einen Datenmissbrauch in dem Unternehmen zu verhindern, sagte Konzernsprecher Philipp Schindera am späten Mittwochabend in Bonn. Zu den Details, die auf der fünfstündigen Sitzung des Aufsichtsrates besprochen wurden, wollte er sich nicht äußern.

Spekulationen über eine mögliche Verstrickung von Obermann in die Affäre wies das Unternehmen am Abend in einer Pressemitteilung zurück. Der Vorstandsvorsitzende habe mit den Vorgängen aus dem Jahr 2005 nichts zu tun. Zu dieser Zeit war Kai-Uwe Ricke Telekom-Chef, der im November 2006 den Posten räumen musste.

Am vergangenen Wochenende hatte der Telekom-Chef öffentlich eingeräumt, dass der Konzern 2005 und teilweise auch 2006 Telefon- Verbindungsdaten missbräuchlich benutzt habe. Zuvor hatte das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" die Affäre ans Licht gebracht. Ziel der Operation war es herauszufinden, wann und wie lange Aufsichtsräte und Telekom-Manager mit Journalisten telefoniert hatten. Auf diesem Wege wollte die Telekom herausfinden, wer die Presse mit internen Informationen versorgte.