Der erste Strafprozess um den Schmiergeld- Skandal bei Siemens kann nach Ansicht von Korruptionsbekämpfern auch bei anderen Unternehmen das Bewusstsein für diese Problematik schärfen. „Es gibt sehr große Unternehmen, die haben genau dieselben Probleme.

München/Berlin. Die sehen jetzt vielleicht auch, dass man gut beraten ist, seine Geschäftspolitik zu ändern", sagte Korruptionsbekämpfer Edgar Joussen am Montag im "Deutschlandradio Kultur". Der Rechtsanwalt ist unter anderem Ombudsmann gegen Korruption bei der Deutschen Bahn AG.

Systematische Korruption ist nach Ansicht von Peter von Blomberg, dem stellvertretenden Vorsitzenden von Transparency International Deutschland, auch hier kein Einzelfall. Auslandskorruption sei bis 1999 in Deutschland nicht strafbar gewesen. "Viele Unternehmen haben danach die Kurve nicht gekriegt, ihr Geschäftssystem zu ändern", sagte er dem "Handelsblatt" (Montag). Im internationalen Vergleich stehe Deutschland aber nicht schlecht da. "Man kann Export- Weltmeister werden, ohne Weltmeister im Bestechen zu sein."

Der Siemens-Prozess biete daher auch Chancen. "Jeder aufgedeckte Fall und erst recht jeder Strafprozess ist mehr als alles andere dazu geeignet, die öffentliche Aufmerksamkeit zu schärfen und einen Beitrag zur Verhinderung weiterer Fälle zu leisten."

Allerdings ist der Fall Siemens nach Ansicht von Joussen anders gelagert als viele andere Fälle. Bei Siemens hätten Manager nicht zum Schaden des Unternehmens in die eigene Tasche gewirtschaftet, sondern die Korruption sei "von oben her gesteuert" worden. Das sei sonst nicht so. Von einer Signalwirkung für andere Unternehmen geht er daher nicht aus. Die Zeiten, in denen Siemens die Korruption organisiert habe, seien aber seit fünf oder zehn Jahren vorbei. Der heutige Managertyp sei ein anderer. Der sage, Korruption sei nicht mehr sein Modell.