Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, Polizisten hätten bei Unruhen in der Provinz Sichuan aus “Notwehr“ das Feuer eröffnet. Dabei seien vier Menschen getötet wurden. Später korrigierte die Agentur, es habe nur vier Verletzte gegeben. Die Berichte stehen im Widerspruch zu offiziellen Beteuerungen, wonach keine Schüsse abgegeben worden seien. Die Exiltibeter sprechen von mittlerweile 99 Todesopfern.

Peking. China hat erstmals zugegeben, dass die Polizei während der blutigen Unruhen in von Tibetern bewohnten Gebieten auf Demonstranten geschossen hat. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf Polizeiquellen. Demnach hätten Polizisten bei Unruhen am vergangenen Sonntag im Bezirk Aba in der Provinz Sichuan aus "Notwehr" das Feuer eröffnet. Nachdem die Nachrichtenagentur zunächst von vier Toten gesprochen hatte, berichtigte sie die Angabe später auf vier Verletzte durch die Polizeischüsse.

Die Berichte stehen im Widerspruch zu bisherigen offiziellen Beteuerungen, wonach keine Schüsse abgegeben worden seien. Der Sprecher des Außenministeriums hatte noch am Donnerstag bekräftigt, dass keine tödlichen Waffen zum Einsatz gekommen seien. Am Freitag korrigierte das Ministerium den Eindruck, dass sich seine Äußerungen auch auf die Gebiete außerhalb Lhasas bezogen hätten. Eine örtliche Quelle hatte in Peking bestätigt, dass bei Protesten in Aba seit vergangenem Freitag 18 Menschen von chinesischen Sicherheitskräften erschossen wurden.

Bevor die Schüsse gefallen seien, hätten die Demonstranten Polizisten mit Messern angegriffen und versucht, ihnen die Waffen zu entreißen, hieß es in dem Xinhua-Bericht weiter. Eine Polizeistation sei bei den Unruhen niedergebrannt, Polizeiautos seien zerstört worden. Die Polizei habe zunächst Warnschüsse abgegeben, sei danach aber weiter "attackiert" worden, hieß es. "Die Polizei war aus Notwehr gezwungen, das Feuer zu eröffnen", sagte eine Polizeiquelle laut Xinhua. Die Verletzten seien daraufhin geflüchtet.

Bei den antichinesischen Protesten in der Provinz Gansu sind nach Angaben der tibetischen Exilregierung 19 Menschen ums Leben gekommen. Damit steigt die Gesamtzahl der Todesopfer bei den Unruhen vom vergangenen Wochenende nach Darstellung der Exiltibeter auf 99.

Amnesty International hat etwa sechseinhalb Jahre nach der Vergabe der Olympischen Spiele an Peking eine ernüchternde Menschenrechtsbilanz für China gezogen. Es gebe nach wie vor Folter, Misshandlungen, willkürliche politische Inhaftierungen, Repressalien wie "Umerziehung durch Arbeit" und viele Todesurteile, kritisierte Dirk Pleiter, der China-Experte der Menschenrechtsorganisation. Es gebe allerdings auch leichte Verbesserungen etwa im Strafrecht. Amnesty sei weiter gegen einen Olympia-Boykott, weil die Spiele die Chance böten, dass China größere Schritte in diese Richtung gehe.

Die chinesischen Behörden haben 25 Betreiber von Internet-Seiten, auf denen Filme angesehen und eingestellt werden können, zur vorläufigen Einstellung ihres Betriebs aufgefordert. Dutzende weitere erhielten eine Warnung. Darin wurden die Betreiber zum Teil zur Beachtung neuer Regeln aufgefordert, die die Eindämmung auch von politischen Inhalten vorsehen. In China werden die Medien vom Staat scharf beobachtet und die Regierung hat wiederholt beliebte Internet-Seiten zensiert oder blockiert, um die Verbreitung von Themen zu verhindern, die nicht mit der Staatslinie im Einklang stehen. Der jüngste Schritt der Regierung bedeutet auch einen Schuss vor den Bug ausländischer Investoren, die China als den weltgrößten Internet-Markt sehen und dort gern gute Geschäfte machen würden.