Auf das Völkerkundemuseum rollt einer der größten Skandale seiner Geschichte zu. Etwa 10 000 Gäste besuchten die Ausstellung, in dem Glauben, Originale zu sehen. Jetzt droht die Schließung.

Peking/Hamburg. Die Terrakotta-Soldaten im Völkerkundemuseum sind nach amtlicher chinesischer Einschätzung vermutlich unecht. Die zuständigen Behörden in Peking und Xian berichteten am Montag, weder eine Ausstellung in der Hansestadt noch eine Ausfuhr der 2200 alten Tonkriegern aus dem Grab des ersten chinesischen Kaisers (259 bis 210 v. Chr.) nach Deutschland genehmigt zu haben, obwohl dies vorgeschrieben wäre. Das staatliche Amt für die Verwaltung von Kulturgütern in Peking schloss daraus, dass es sich bei den Exponaten in Hamburg um illegale Kopien handeln müsse: "Hier scheint es ein Problem mit dem Schutz von Urheberrechten zu geben."

"Wir haben gegenwärtig keine Ausstellung mit Terrakotta-Soldaten in Deutschland", sagte der Sprecher, der sich erstaunt über die Presseberichte aus der Hansestadt zeigte. "Wir sind daran nicht beteiligt." Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Provinzamtes für Kulturgüter in der alten Kaiserstadt Xian, wo die lebensgroßen Figuren herkommen. In Europa sei derzeit einzig eine Ausstellung in London erlaubt worden. "Wir haben keine Ausstellung in Deutschland. Wenn es eine gäbe, müssten wir davon wissen, weil sie von uns hätte genehmigt werden müssen." Die Behörde wisse immer genau, wo ihre Tonsoldaten in der Welt seien, sagte der Sprecher.

In Deutschland waren vergangene Woche erstmals Zweifel an der Echtheit der Figuren aufgekommen. Das Völkerkundemuseum forderte Aufklärung durch das Leipziger Center of Chinese Arts and Culture (CCAC), das die Schau in Hamburg konzipiert hat. Die Firma hatte die Ein- und Ausreise der Figuren daraufhin schon nicht schlüssig nachweisen können.

Nachgemachte Terrakotta-Krieger sind in China in allen Größen erhältlich. Eine Fabrik in Xian bietet Figuren in Originalgröße zum Preis von etwa 1500 Yuan, umgerechnet 150 Euro, an. "Für die Verschiffung ins Ausland machen wir zusätzlich die entsprechende Verpackung", sagte auf Anfrage eine Verkaufsmitarbeiterin, die gleichzeitig auch eine Verschiffung nach Deutschland anbot. "Und wenn sie gleich mehrere Figuren kaufen, geben wir auch einen Discount."

Das Kulturamt in Xian berichtete, für jede Ausstellung der Terrakotta-Soldaten im Ausland müssten die Organisatoren jeweils einen Plan vorlegen. Die Schau in Hamburg sei "auf keinen Fall" gebilligt worden, sagte der Sprecher. "Selbst bei einer kleinen Zahl von Figuren muss die Ausstellung zusätzlich noch vom staatlichen Amt genehmigt werden." Auch wenn es sich nur um Duplikate handele, hätte das Völkerkundemuseum eine Genehmigung einholen müssen.

Der Sprecher betonte dass echte Terrakotta-Soldaten nicht - wie im Hamburger Fall - mit dem Schiff transportiert werden dürften. "Sie werden nur mit dem Flugzeug bewegt, weil es sicherer ist. Eine Schiffsreise dauert lange und ist deswegen riskant." Für einen Normalbürger sei es schwer, echte von unechten Figuren zu unterscheiden. "Aber für einen Experten ist es leicht", sagte der Sprecher in Xian. Besondere Merkmale seien die Farbe und Struktur der Oberfläche der Tonfiguren.