Zwei Tote, 300 000 Hamburger ohne Strom, Chaos im Nahverkehr und Schäden in Millionenhöhe: Das ist die verheerende Bilanz eines Unwetters mit einem Tornado, das am Montagabend über den Süden der Hansestadt fegte.

Zwei Bauarbeiter im Alter von 43 und 45 Jahren starben in ihren Führerhäuschen, als ihre Kräne auf einer Baustelle "wie in Zeitlupe" umkippten, zwei weitere Arbeiter wurden verletzt. "Das kam aus heiterem Himmel, es gab keine Chance", sagte ein Kollege der Opfer am Dienstag. Die Windhose war mit mehr als 150 Kilometer pro Stunde ohne Vorwarnung innerhalb von wenigen Sekunden über die Baustelle gerast.

Einsatzkräfte berichteten von abgedeckten Dächern, umgeknickten Bäumen und abgerissenen Stromleitungen. Auf der Europabrücke an der Bundesstraße 75 staute sich der Verkehr kilometerlang, nachdem der Tornado ein Wohnmobil erfasst und umgeworfen hatte. "Bei uns herrscht im Moment Land unter", hieß es in der Nacht bei der Feuerwehr. Mehr als 1000 Kräfte von Technischem Hilfswerk, Feuerwehr und Polizei waren rund um die Uhr im Einsatz.

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) besuchte am Dienstagmittag das betroffene Gebiet im Stadtteil Harburg. "Ich bin erschüttert angesichts dieser Spur der Verwüstung", sagte er: "Die unglaubliche Kraft der Naturgewalten hat armdicke Bolzen verbogen, hat Betonplatten angehoben, als wenn sie aus Watte wären." Der Bezirk Harburg erhalte für erste Notfälle 250 000 Euro, bis die Versicherungen zahlen. Nach ersten Eindrücken gibt es keine Hinweise auf menschliches Versagen, sagte der Bürgermeister.

Innensenator Udo Nagel (parteilos) lobte die mehr als 1000 Rettungskräfte von Polizei, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk, die "ausgezeichnet gearbeitet" hätten. "Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können", sagte er. "So bedauernswert die Toten und Verletzten sind, nicht auszumalen, wenn das ganze einige Stunden früher auf belebten Straßen passiert wäre." Bauunternehmer Arne Weber drückte sein Mitgefühl für die Familien der Getöteten und Verletzten aus. "Egal wie hoch der materielle Schaden ist, der Verlust von zwei Menschenleben ist nicht zu ersetzen", sagte der Unternehmer: "Das belastet uns alle ganz stark."

Nach einer Nacht ohne Strom waren am frühen Dienstagmorgen alle betroffenen 70 000 Haushalte im Hamburger Süden wieder ans Netz angeschlossen worden. Die Windhose hatte gegen 19.00 Uhr das Aluminiumdach einer Bootswerft abgedeckt und auf Stromleitungen geschleudert. Dabei wurde eine Hochspannungsleitung beschädigt und eine weitere Leitung durchtrennt, was zu einem Kurzschluss führte.

Nach Blitzeinschlägen in den Stellwerken in Hamburg-Altona, im Hauptbahnhof und in Harburg kam der Regional- und Fernverkehr der Bahn für Stunden zum Erliegen. Auf der Süderelbbrücke fuhr eine S-Bahn auf eine Metallplatte und blieb stehen. Die Schäden seien im Laufe der Nacht behoben worden. "Jetzt ist wieder alles in Ordnung, alles klappt wieder reibungslos", sagte eine Bahnsprecherin.

Im Hamburger Süden fiel auch die Wasserversorgung stundenlang aus, da die Pumpen im Wasserwerk lahm gelegt waren. Das Schiffsmeldewerk, das die Lage und Position der meisten Schiffe in Norddeutschland überwacht, war ebenfalls ohne Strom. Das Allgemeine Krankenhaus in Harburg musste auf Notstromversorgung umschalten. Noch am Dienstagmorgen war die Feuerwehr vor Ort, um bei einem weiteren Stromausfall eingreifen zu können. "Ansonsten hat sich die Lage aber wieder beruhigt", sagte ein Feuerwehrsprecher am Dienstag.

Die Polizei hatte verstärkt Streifen in die vom Stromausfall betroffenen Gebiete geschickt, um Einbrüche zu verhindern. "Innerhalb von zwei bis drei Stunden hatten wir 471 Beamte zusätzlich im Stadtteil", sagte Polizeipräsident Werner Jantosch. Einige wenige hätten die Gunst der Stunde zu Straftaten ausgenutzt, mit sieben registrierten Einbrüchen war es aber eine ganz normale Nacht. "Von Plünderungen keine Spur", betonte der Polizeipräsident.

Das Rote Kreuz richtete in der Cafeteria des Harburger Rathauses eine Notunterkunft ein. Dort wurden bis zum frühen Dienstagmorgen 35 Menschen betreut, die in der Nacht aus Sicherheitsgründen nicht in ihre Wohnungen konnten, teilte das DRK mit.

Das heftige Unwetter hielt auch in Schleswig-Holstein die Feuerwehren in Atem. Insgesamt rückten die Helfer zu rund 150 Einsätzen aus. Menschen wurden aber nicht verletzt, teilte die Polizei in Kiel am Dienstag mit. In den meisten Fällen seien durch den starken Regen Keller voll gelaufen und Bäume vom Sturm entwurzelt worden.