Die Angelegenheit um den Jagdunfall von US-Vizepräsident Dick Cheney weitet sich aus. Opposition fordert Aufklärung. Hillary Clinton übt scharfe Kritik: “Diese Regierung hat eine Tendenz zum Zurückhalten von Informationen“.

Washington. Die oppositionellen Demokraten haben eine umfassende Aufklärung des Jagdunfalls von US-Vizepräsident Dick Cheney gefordert. Es sei "beunruhigend", wie zögerlich die Informationen über den Unfall, bei dem Cheney einen 78 Jahre alten Anwalt anschoß, an die Öffentlichkeit gelangt seien, sagte Senatorin Hillary Clinton vor Journalisten in Washington.

Sie warf der US-Regierung vor, in diesem wie in anderen Fällen eine "Tendenz" zum "Zurückhalten von Informationen" zu haben. Senator Chuck Schumer forderte, Cheney müsse sich persönlich zu dem Vorfall äußern. Der von Cheney verletzte texanische Anwalt Harry Whittington erlitt nach Krankenhausangaben nach dem Unfall eine leichte Herzattacke.

Die Regierung weigere sich, "Informationen, die für alle wichtig sind" herauszugeben, so die Senatorin. Sie bezog sich dabei zugleich auf den Umgang mit dem Hurrikan "Katrina" im vergangenen Sommer und sagte, die US-Regierung verletze die Prinzipien der demokratischen Verfassung des Landes. Cheneys Unfall hatte sich am Sonnabend in Texas ereignet. Whittington wurde durch Schrotkugeln am Nacken, an der Brust und im Gesicht verletzt.

Cheney müsse selbst vor die Presse treten, forderte Schumer. Das habe er seit vier Jahren nicht getan. "Im Lichte des Jagdunfalls und all' der Fragen um seine Rolle beim Herausgeben von geheimen Sicherheits-Informationen haben die Amerikaner viele Fragen an den Vizepräsidenten", erklärte Schumer. Cheneys früherer Berater Lewis Libby muß sich derzeit wegen Falschaussage, Behinderung der Justiz und Meineid vor der Justiz verantworten. Dabei geht es um die Enttarnung der US-Geheimdienstagentin Valerie Plame.

Libby war im Oktober wegen dieser Affäre zurückgetreten. Die Enttarnung der Agentin vor zwei Jahren hatten viele als Racheakt der US-Regierung an Plames Ehemann, dem früheren Botschafter Joseph Wilson, gedeutet. Dieser hatte die von Präsident George W. Bush angeführten Gründe für den Irak-Krieg angezweifelt. Laut Medienberichten soll Libbys Vorgehen von Cheney gut geheißen worden sein.

Whittington sei außer Lebensgefahr, sagte ein Sprecher des Krankenhauses im texanischen Corpus Christi, wo sich der Anwalt seit Sonnabend befindet. Einige der Schrotkugeln hätten das Herz getroffen. Es gebe jedoch derzeit keine Pläne, sie operativ entfernen zu lassen. Der Patient müsse aber bis zu sieben weitere Tage beobachtet werden, um sicherzustellen, daß die Kugeln nicht in andere Teile des Herzens weiterwanderten. Whittington ist ein finanzieller Förderer von Cheney und Bush.

Mit seinen Jagdausflügen hatte Cheney schon in der Vergangenheit mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Im Januar 2004 geriet er wegen einer gemeinsamen Entenjagd mit dem konservativen Richter Antonin Scalia vom Supreme Court in die Kritik, weil der Oberste Gerichtshof sich kurz danach mit der von Cheney eingesetzten Kommission zur Energiepolitik zu befassen hatte. Auch wegen eines Jagdausfluges Ende 2003, bei dem er 70 Fasane geschossen haben soll, musste sich der Vizepräsident Vorwürfe gefallen lassen - weil die Vögel angeblich kurz zuvor eigens für ihn aus einem Fangnetz freigelassen worden waren.