Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und ihr ägyptischer Chef Mohammed el Baradei (63) erhalten den diesjährigen Friedensnobelpreis für ihre Arbeit gegen die Ausbreitung von Atomwaffen. Nach dem früheren ägyptischen Präsidenten Anwar el Sadat ist er der zweite Ägypter, der diese Auszeichnung erhält.

Oslo. Das Nobelkomitee in Oslo begründete seine Entscheidung am Freitag damit, daß die UN-Organisation und ihr Direktor in einer Zeit mit erneut zunehmender Bedrohung "von unschätzbarer Bedeutung" seien. Der norwegische Komiteechef Ole Danboldt Mjøs sagte: "Wir wollen dem Kampf gegen Atomwaffen mit diesem Preis neuen Auftrieb geben."

Die in Wien ansässige IAEO engagiert sich derzeit vor allem bei den Bemühungen um ein Stopp der umstrittenen Atomprogramme in Nordkorea und im Iran. Die Behörde nahm 2003 eine kritische Haltung gegenüber dem Beschluss der USA zur Invasion des Iraks wegen dort angeblich gelagerter Massenvernichtungswaffen ein. Sie hatte in dem Land bei Inspektionen keine solchen Waffen gefunden.

In Berlin begrüßte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Vergabe als "sehr kluge Entscheidung". Damit werde Baradeis "sehr gute Arbeit" während des Irak-Kriegs und dessen Bemühungen um eine Lösung des Atomkonflikts in Iran angemessen gewürdigt, teilte Regierungssprecher Bela Anda.

Schröder wurde selbst wegen seines Widerstandes gegen den Irak-Krieg für den Friedensnobelpreis als einer von insgesamt 199 Kandidaten nominiert. Der französische Präsident Jacques Chirac und der britische Premierminister Tony Blair begrüßten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Paris die Vergabe des Nobelpreises an Baradei und die IEAO. Mjøs bestritt, daß die Entscheidung auch als Kritik an der Politik von US-Präsident George W. Bush gemeint sei, dessen Verhältnis zu Baradei und der IAEO als äußerst kühl gilt: "Dies ist weder gegen ein Land noch einen Staatsführer gerichtet."

Auch Rußland begrüßte die Entscheidung des Komitees. "El Baradei ist ein Mann des Friedens, nicht des Krieges", sagte der außenpolitische Berater von Präsident Wladimir Putin, Sergej Prichodko, in St. Petersburg. Rußland sei stets einer Meinung mit der IAEO gewesen.

Das Osloer Komitee hat schon mehrfach Initiativen für atomare Abrüstung wie zuletzt 1995 die Wissenschaftler-Organisation Pugwash und ihren britischen Gründer Sir Joseph Rotblat (1908-2005) ausgezeichnet. In der Begründung hieß es dazu, das Nobelkomitee habe sich in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt "auf den Kampf um die Verminderung der Bedeutung von Atomwaffen in der internationalen Politik mit dem Ziel ihrer endgültige Abschaffung konzentriert". Weiter hieß es: "Daß die Welt hier so wenig erreicht hat, macht aktive Opposition gegen Atomwaffen heute um so wichtiger."

Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro (10 Millionen Kronen) dotiert und wird am 10. Dezember überreicht. Im vergangenen Jahr wurde die kenianische Umweltschützerin und Menschenrechtlerin Wangari Maathai ausgezeichnet. Letzter deutscher Preisträger war 1971 der damalige Bundeskanzler Willy Brandt (1913-1992).