Das Drama „Einmal alles bitte“ porträtiert sehr gelungen die Generation der sogenannten Millenials

Ich hab das Gefühl, mein Leben geht rückwärts“, klagt die junge Isi. Eigentlich hat sie das Grafikstudium in der Tasche. Sie wohnt mit ihrer besten Freundin Lotte zusammen. Und bei einem Verlag ist sie auch schon untergekommen. Aber da bleibt sie ewige Praktikantin, darf nicht ihre Illustrationen vorlegen, sondern nur den Kaffee bringen, und die Chefin kennt nach fünf Jahren noch nicht mal ihren Namen.

Lotte dagegen ist erfolgreich, sie kriegt einen festen Job, dann verliebt sie sich auch noch und hat keine Zeit mehr für die Freundin. Zudem bröckelt dann die verschimmelte Decke auf Isi herunter. Ihr WG-Zimmer muss saniert werden. Isi muss schauen, wo sie solange unterkommt. Nicht mal die Rückkehr ins Hotel Mama klappt: Die Eltern wollen ihr altes Kinderzimmer umbauen.

Welch Ironie, dass Isi bei all dem Trubel eine Graphic Novel von F. Scott Fitzgeralds „Die Schönen und Verdammten“ entwirft. F. Scott Fitzgeralds Roman handelte bekanntlich von der „Generation Lost“. Das passt nur zu gut.

„Einmal bitte alles“ ist ein Gefühls-porträt der viel beschriebenen Generation Y. Die sogenannten Millenials, also jene jungen Menschen, die zwischen 1980 und 2000 geboren sind, die jetzt erwachsen werden, aber beruflich über das Praktikantendasein nicht hinauskommen. Und sich auch privat nicht so recht fest­legen können.

Der Filmtitel spiegelt das wider: Sie wollen schon alles, irgendwie. Nur wie, das wissen sie nicht.

Helena Hufnagel sieht ihr Spielfilmdebüt als Coming-of-Age-Drama. Nun ist dieses Filmgenre ja eigentlich auf Jugendliche in der Pubertät festgelegt. Die Regisseurin findet aber, dass sich das Erwachsenwerden auf Ende 20 verlagert hat. Wobei sich das Drama verstärkt hat. Weil man den Freifahrtschein des Teenagers nicht mehr hat und der Rechtfertigungsdruck viel größer ist. Helena Hufnagel spricht deshalb auch vom „Coming-of-Age-Late-Film“.

Die recht junge Filmemacherin weiß, wovon sie erzählt. Sie ist Jahrgang 1985, sie war 27, als sie den Film entwickelt hat. „Wir haben uns so orientierungslos gefühlt­. Ich habe mich damals der Hauptdarstellerin mit ihren Zielen und Träumen sehr nah gefühlt.“ Den Film darf man dann auch als eine Art Therapie ver­stehen.

Tatsächlich ist das Debüt sehr gelungen, das Dilemma der Jugendlichen wurde stimmig eingefangen. Hufnagel findet eine souveräne Filmsprache für ihre Protagonisten. Und Luise Heyer, die schon als Chaoten-Mutter im Berlin-Drama „Jack“ einen starken Eindruck machte, überzeugt hier als Isi.

Aber bei aller Sympathie ist der Film doch eine permanente Abwärtsspirale, bei der man irgendwann hofft, dass am Ende mal ein Lichtblick erscheint. Da sehnt der Zuschauer sich ein wenig nach filmischer Dramaturgie. Auch im Kino will man schließlich bitte alles auf einmal.

„Einmal bitte alles“ D 2017, 85 Min., o. A.,
R: Helena Hufnagel, D: Luise Heyer, Jytte-Merle Böhrnsen, Patrick Güldenberg, im 3001