Eine plausible Erklärung dafür, warum sich Norah Jones’ Debütalbum ­„Come Away With Me“ aus dem Jahr 2002 mehr als 25 Millionen Mal verkauft hat, fanden weder die Künstlerin noch Bruce Lundvall, der damalige Boss des Blue-
Note-Labels. Lundvall vermutete ironisch, dass es vor allem von Leuten gekauft worden sei, die nicht wussten, wie illegale Downloads aus dem Internet funktionieren. „Come Away With Me“ rettete damals das Jazz-Label Blue Note, obwohl es keine Jazz-, sondern eine Country-Blues-Platte war.

Allerdings hatte Norah Jones in Texas Jazzklavier studiert und wurde deshalb wohl der Abteilung Jazz zugeschlagen. 14 Jahre und fünf Alben später ist sie endgültig im Jazz angekommen oder dahin zurückgekehrt. Als sie 1999 von Texas nach New York ging, zog sie durch die dortigen Clubs, ohne auch nur zu ahnen, welchen kometenhaften Aufstieg sie drei Jahre später nehmen würde.

Für die aktuelle Platte „Day Breaks“ konnte sie ein paar der allerbesten Jazzmusiker ins Studio bitten. Der legendäre, inzwischen 83 Jahre alte Saxofonist Wayne Shorter gehört ebenso dazu wie John Patitucci (Bass) und Brian Blade (Schlagzeug), beide aus Shorters Quartett und eine der besten Rhythmusgruppen der Welt.

„Day Breaks“, erneut bei Blue Note erschienen, zeigt die Sängerin und Pianistin als Person, die wieder an die Liebe glaubt. Auf dem Vorgänger „Little Broken ­Hearts“ hatte sie noch die zerbrochene Beziehung zu ihrem langjährigen Freund in Songs verarbeitet. Nun singt sie „It’s A Wonderful Time For Love“ und bringt darin ihr neu gefundenes persönliches Glück zum Ausdruck. Norah Jones, inzwischen 37 Jahre alt, ist heute Mutter von zwei Kindern und lebt in einer neuen Beziehung. Allerdings gibt sie keine privaten Details bekannt. Rückschlüsse lassen sich allenfalls aus ihren Songs ziehen.

Auf „Day Breaks“ wirkt Norah Jones sehr viel reifer. Es finden sich ein paar melancholische Momente, doch die Songs sind ernster geworden. In „Flipside“, ein Stück, in dem sie zusammen mit Brian Blade und Organist Dr. Lonnie Smith so richtig aufdreht, kritisiert sie die verhängnisvolle Passion der Amerikaner für Schusswaffen; die Ballade „Tragedy“ beschreibt die Tragödie eines jungen Künstlers, der sich zu Tode trinkt.

Norah Jones covert auch Songs berühmter Kollegen wie Neil Young. Dessen „Don’t Be Denied“ ist mit dem Bläser-
Arrangement eine der stärksten Nummern auf „Day Breaks“. „Peace“, 1970 vom Jazz-Pianisten Horace Silver in einer stürmischen Zeit in den USA geschrieben, gehört zu den klassischen Nummern des Albums. Gleiches gilt für „Fleurette Africaine“ von Duke Ellington.

Wenn Norah Jones auf ihrer Europa-Tournee am Donnerstag, 13. Juli, im Stadtpark Station macht, werden die Musiker aus der Studioproduktion leider nicht dabei sein. Aber Jones ist allein schon als Pianistin untadelig und als Sängerin hinreißend. Gesang und Stimme sind betörend. Das ist sicher ein Geheimnis ihres Erfolges.

Norah Jones, Teh Candles Do 13.7., 19 Uhr, Stadtparkbühne, Saarlandstraße/ Jahnring, Eintritt 70 Euro an der Abendkasse