Das Rentenprogramm der SPD zeigt, was die Partei sich unter Miteinander vorstellt: eine Opfergemeinschaft

So beginnt eine richtig gute Liebesgeschichte. Mann und Frau sitzen sich in einem Restaurant gegenüber. Er entscheidet, dass er es jetzt wissen will. Er muss ihr Herz gewinnen. Deswegen sagt er: „Wenn du einmal alt und abgearbeitet bist, dann werde ich mich darum kümmern, dass du kein Katzenfutter essen musst. Von mir bekommst du dann etwas Geld. Nicht viel. Hauptsache, du kommst irgendwie durch.“

Darauf sie: „Das ist das Schönste, was mir je ein Mann gesagt hat. Ich wähle dich.“ Ein derart trüber Flirt hätte nicht einmal in einem notorisch schlecht gelaunten Unterprogramm der Berlinale eine Chance. So stellt sich auch nur die SPD die Entstehung von Liebe vor. Der Spitzenkandidat Martin Schulz hat von tief unten aus dem Umfrageloch was zur Rente gerufen. Jetzt müssen ihn wieder alle mögen, denkt er sich, und ihn endlich aus der Dunkelheit seiner Zuneigungsspalte herausholen. Nein, Herr Schulz, mich ziehen Sie nicht da runter, wo es klamm und gar nicht sexy ist.

Bis zum Jahr 2020 wird der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung auf über 100 Milliarden Euro steigen. Dazu müssen Sie nicht einmal regieren. Gar nicht so wenig, oder? Und ganz generell: Sie brauchen Leute, die sich vor der Zukunft vor allem fürchten. Was Sie sich unter Miteinander vorstellen, ist leider immer eine Opfergemeinschaft. Sie beschäftigen sich nicht so gern damit, womit wir unser Leben schon vor dem Ruhestand erfüllen könnten. Wie wir es hinkriegen, dass uns die Kalifornier beim schadstoff­armen Autofahren nicht den Schneid abkaufen. Wie wir alle so schnelles Internet bekommen, wie es sich in einem hochmodernen Industrieland eigentlich gehört. Und wie das dann auch unsere Art zu arbeiten verändern kann. „Mehr Demokratie wagen“, hat Willy Brandt gerufen. Das richtete sich an den Mut von allen. Nicht nur den Kleinmut und die Lebensangst von Einzelnen.

Die SPD ist mittlerweile 154 Jahre alt. Die Liebesgeschichten müssen also zwischendurch auch mal richtig gut gewesen sein.