An der Ausschläger Allee, nicht weit entfernt von der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße und damit schon vom Geruch her herausfordernd, befindet sich die zentrale Verwahrstelle, genannt „Autoknast“. Tatsächlich wird die saloppe Umschreibung dem Drama nicht gerecht, denn der Parkplatz im Niemandsland ist nichts anderes als ein Lazarett für die Opfer von Abschlepperitis.

Abschlepperitis ist eine recht unerforschte, weit verbreitete Krankheit, von der nicht etwa Schwerenöter, wie man leicht vermuten könnte, sondern ausschließlich Polizisten betroffen sind. Typische Symptome sind das reflexartige Zücken des Notizblocks bei Falschparkern, das Ausblenden milderer Handlungsoptionen und ein anfallsartiger Anruf bei Otto, Horst oder Heinzi vom Abschleppdienst.

Die Inkubationszeit beträgt drei Dienstjahre oder weniger. Zu den bekannten Merkmalen zählt eine völlige Entmenschlichung des Vorgangs an sich: Die Entwurzelung des geliebten Vierrädrigen aus seinem angestammten Parkumfeld und seine brutale Umsetzung in ein Habitat mit anderen abgeschleppten Autos wird als „Maßnahme“ tituliert, das Besetzen einer Halteverbotszone aus lauter Verzweiflung über die völlige Abwesenheit regulärer Parkflächen als „Ordnungswidrigkeit“ verdammt.

Der Krankheitsverlauf steht offenbar in einem engen Zusammenhang mit den städtischen Einnahmen: Je besser das Stadtsäckel gefüllt ist, desto weniger Beamte infizieren sich. Umgekehrt nimmt die Zahl der Erkrankten und die der Abschleppvorgänge zu, wenn der Füllstand als nicht mehr ausreichend befunden wird.

Abschlepperitis ist für die betroffenen Polizisten selbst nicht gefährlich, für das Portemonnaie der Abgeschleppten umso mehr. Eine Heilung ist bisher nicht in Sicht.