In einer Zeit, in der Schmähungen politischer Alltag sind, setzt eine Abschiedsrede im Bundestag Maßstäbe

Wenn es schlecht läuft, sitze ich irgendwann auf einem Fahrrad. An meinem Helm habe ich einen Leuchtstreifen befestigt, der eine Sprechverbindung mit meinen außerirdischen Verwandten herstellt. Mit denen rede ich laut, während ich durch das Regierungsviertel fahre.

Ich bin dann immer noch ungefährlich. Der Sprung in der Schüssel kommt aber nicht von ungefähr. Es war dann einfach ein Wahnsinn zu viel, der letztlich auf mich übergriff.

Jetzt musste ich mitbekommen, dass eine Autorin der „taz“ einen herausragend guten Journalistenkollegen zu einem Rassisten erklärt hat. Das ist dermaßen abwegig, dass ich schon mal nach Leuchtstreifen für meinen Helm geguckt habe. Linke freuen sich, wenn sie Andersdenkende mit dem Gesinnungs-SUV über den Haufen fahren können. Wissen immer sofort, wer von dem schmalen Leitstrahl der einzig ‚richtigen‘ Meinung abweicht. Der wird dann augenblicklich als Rassist, Sexist oder auch Kriegstreiber geschmäht. Ehe sich dieselben Schnellrichter beispielsweise in Berlin-Kreuzberg zum Karneval der Kulturen treffen. Wo sie ihr insgesamt wohlmeinendes Wesen und die Vielfalt der Meinungen feiern.

Wie es anders geht, bewies jetzt ein Vertreter der rechten Seite im Deutschen Bundestag. „Echt jetzt, Herr Bosbach?“, habe ich oft gedacht, wenn er in einer Talkshow wieder mal ein konservatives Kantholz als das beste Instrument für irgendeine Problem­lösung pries. In seiner Abschiedsrede im Bundestag am Donnerstag waren seine politischen Gegner nicht die anderen. Sondern die, zu denen er gehört. Mit Claudia Roth von den Grünen war er nie einig. Aber er möchte unbedingt mit ihr zum Fußball. Er wandte sich an Menschen in anderen Fraktionen, die ihm so sehr am Herzen liegen, dass ihm die Stimme brach. Seine Kollegen mögen ordentlich miteinander umgehen, bat Wolfgang Bosbach.

Würde das auch von uns anderen beherzigt, müssten meine außerirdischen Verwandten damit klarkommen, wenn ich mich vorerst nicht täglich melde.