In Sebastian Haffners wohl schönstem Buch, der Biografie über Winston Churchill, heißt es über dessen letztes Lebensdekade 1955 bis 1965: „Von diesen zehn Jahren ist nichts mehr zu berichten. Sie begannen in Bitterkeit; die Bitterkeit ging über in Schwermut und Langeweile; die Langeweile in langsames Erlöschen.“

Jonathan Teplitzkys Film zeigt eine kurze Episode auf dem Weg zu dem späten Staatsmann, der nur noch ein Schatten seiner selbst war. Es ist ein Premierminister, der sich der Grenzen seiner Macht bewusst wird. Im Frühjahr 1944 steht die Entscheidung über die Landung der Alliierten in der Normandie an. General Eisenhower (John Slattery) hat die Pläne längst ausarbeiten lassen und den englischen König Georg VI. (James Purefoy) auf seiner Seite. Die kriegsentscheidende Operation steht unmittelbar bevor, doch jemand stellt sich quer: Churchill.

Er stellt sich quer, weil er ein Desaster befürchtet, weil es ihn quält, für den Tod Zehntausender junger Männer verantwortlich zu sein. Weil er die Bilder aus dem Ersten Weltkrieg nicht loswird, die Toten im Schlamm der Schlachtfelder.

Brian Cox sieht man bei der Verkörperung dieses aufbrausenden Mannes durchaus gern zu. Er hadert, er schimpft, er flucht, er säuft, er streitet mit seiner Frau, er badet im Selbstmitleid, er fürchtet sich, er bricht zusammen: Cox steckt beeindruckend viel Energie in die Rolle eines Mannes, der von Zweifeln geplagt wird – die so gar nicht zu seiner entscheidungsfreudigen Natur passen wollen.

Teplitzky und Drehbuchautor Alex v. Tunzelmann haben sich, dem Trend im Biopic-Genre folgend, nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben Churchills vorgenommen. Jedoch verstehen es beide nicht, aus dieser Episode Kapital zu schlagen – da kann Brian Cox leisten, was er will. Das Problem liegt in der schieren Wiederholung. Churchill redet auf Eisenhower ein, er redet auf George VI. ein, er schreit seine Frau an. Immer dasselbe Pathos, dasselbe Tremolo.

„Churchill“ GB 2017, 106 Min., ab 6 Jahren,
R: Jonathan Teplitzky, D: Brian Cox, Miranda Richardson, John Slattery, täglich im Koralle, Passage, Zeise; www.churchillfilm.com