Hamburg. Tausende könnten deutlich mehr verdienen, wenn Kassen-Gelder abgerufen würden. Staatssekretär: beschämend!

Die schlechte Bezahlung von Altenpflegern sorgt schon lange für Diskussionen, sie gilt als eine der Ursachen für den Pflegekräftemangel. Jetzt stellt sich heraus: Viele Pflegedienste könnten seit Jahren ihren Mitarbeitern mehr zahlen, wenn sie sich auf ein Angebot der Pflegekassen eingelassen hätten.

Die Kassen waren bereit, die Vergütung der Pflegeleistungen um 4,6 Prozent zu erhöhen, wenn die Pflegedienste bereit gewesen wären, die Gehälter ihrer Mitarbeiter entsprechend zu steigern und dies auch zu dokumentieren. Wer das nicht wollte, bekam nur 2,3 Prozent mehr. In einem dem Abendblatt vorliegenden Schreiben des AOK-Vorstands an Pflege-Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU) heißt es: „Von diesem Angebot einer 4,6-prozentigen Erhöhung haben nur 54 von 247 Pflegediensten in Hamburg, also rund 22 Prozent, Gebrauch gemacht. Dieses enttäuschende Ergebnis zeigt, dass gute Bestrebungen der Pflegekassen und/oder der Politik in der Praxis noch lange nicht zum Erfolg führen.“

Laumann kritisiert dies scharf: „Rund 80 Prozent der Arbeitgeber in der ambulanten Pflege haben das Angebot nicht angenommen und gönnen ihren Mitarbeitern damit keine höheren Gehälter. Das ist beschämend. Und im Hinblick auf den Fachkräftemangel in der Altenpflege sehr kurzsichtig.“

Laumann verweist auf eine von ihm in Auftrag gegebene Studie, nach der Fachkräfte in der Altenpflege in Hamburg 432 Euro weniger verdienen als ihre Kollegen in der Krankenpflege: „Wenn die Arbeitgeber in der Altenpflege weiterhin so deutlich geringere Löhne zahlen, werden sie bald erhebliche Probleme bekommen, genügend Mitarbeiter zu finden.“

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) weist die Kritik zurück: „Das Angebot konnte die Mehrheit der Hamburger Dienste, inklusive Wohlfahrtsträgern, nicht annehmen, wenn sie nicht ihre wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzen wollten. Die Kassen verlangten den Nachweis für Gehaltserhöhungen von 4,6 Prozent und wollten nur die Hälfte refinanzieren.“ Hintergrund: Die Dienste erbringen nur zu 50 Prozent Leistungen der Pflegeversicherung, der Rest betrifft die Krankenversicherung

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