Hamburg. Richterin: „Albtraum für alle Eltern.“ 54-jähriger Hamburger ärgerte sich über Lärm. Tim (13) schwer verletzt

Weil er seine Ruhe haben wollte, schoss er auf ein spielendes Kind, verletzte es schwer – gestern wurde Ralf W. (54) vom Hamburger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. „Es war ein unfassbares Geschehen“, sagte Richterin Monika Schorn. „Die Tat ist ein Albtraum für alle Eltern, die ihre Kinder angstfrei auf einen Bolzplatz schicken.“ Für ein versuchtes Tötungsdelikt hätten die Indizien jedoch nicht ausgereicht.

Am Nachmittag des 23. Juli 2016 spielte Tim, 13 Jahre alt, Fußball auf einem Spielplatz am Alsterberg. Während er Freistöße auf ein Tor übte, schepperte der Ball einige Male gegen einen Zaun – ein Geräusch, das der nach eigenen Angaben hochgradig lärmempfindliche Angeklagte als „ätzend“ empfand. Aus Verärgerung gab er von einer nahe gelegenen Wohnung aus mit seinem Luftgewehr, bestückt mit einem Schalldämpfer und einer Zieloptik, zwei Schüsse auf Tim ab. Dabei benutzte er spitze, sogenannte Diabolo-Projektile, die auch bei der Jagd auf Kleintiere eingesetzt werden.

Aus einer Distanz von rund 35 Metern traf er den Jungen zwischen die Rippen. Tim schleppte sich noch ein paar Meter, dann brach er blutend zusammen. Im Krankenhaus musste ihm das dicht vor der Leber stecken gebliebene Projektil operativ entfernt werden. Unter den psychischen Folgen leidet der Junge noch heute.

Ralf W. hatte die Tat zwar gestanden, „ein vollumfängliches Geständnis sieht aber anders aus“, sagte Richterin Schorn. Im Prozess hatte der 54-Jährige erklärt, er habe grob in die Richtung von Tim gezielt, aber eigentlich dessen Fußball „plätten“ wollen. Diese Version kaufte ihm das Gericht nicht ab. „Sie wollten Tim gezielt verletzen“, so Schorn. Gerade dem im Umgang mit Waffen geschulten Soldaten hätte die Gefährlichkeit bewusst sein müssen. Es habe andere „Reaktionsmöglichkeiten“ gegeben – etwa Ohropax. „Sie scheinen einen niedrigen Toleranzbereich zu haben, wenn Ihr eigener Lebensbereich berührt ist“, so Schorn. Für Kinder bestehe aber ein „Toleranzgebot seitens der Gesellschaft“.

Ralf W., der bereits 3000 Euro Schmerzensgeld an den Jungen gezahlt hat, will das Urteil anfechten. Der Vater des betroffenen Kindes zeigte sich indes zufrieden: „Ich finde die drei Jahre gerechtfertigt. Es war Tims Wunsch, dass dieser Mensch weggesperrt wird.“

Seite 16 Kinderlärm – da griff er zum Gewehr