Das Drama „Rückkehr nach Montauk“ ist in gewisser Weise die Lebensbilanz von Regisseur Volker Schlöndorff. Leider sind die vielen Ebenen der Handlung nicht immer nachvollziehbar

Längst bereut Volker Schlöndorff, dass er „Rückkehr nach Montauk“ auf der diesjährigen Berlinale vorgestellt hat. Sein Film sei im Wettbewerb leer ausgegangen, weil man auf dem Filmfestival „sozialkritische Filme, etwa über Flüchtlinge“ erwarte, meint er. Aber „auch der Seelenschmerz gehört nun mal zum Leben. Er war nur wahrscheinlich am falschen Ort. Daher diese Häme. Das verletzt schon.“ Man muss den Regisseur an dieser Stelle verstehen. „Rückkehr nach Montauk“ ist sein persönlichster Film. Wenn man so will, ist es seine Lebensbilanz. Eine Lebensbilanz, für die er sich literarische Schützenhilfe gesucht hat bei einem alten Freund, der nicht mehr lebt: „Montauk“ von Max Frisch. Dessen Kultroman „Homo faber“ Schlöndorff auch schon verfilmt hat.

Bei Frisch/Schlöndorff dreht sich alles um die große Liebe, oder besser: was davon übrig bleibt und ihr Scheitern. Darum, was dieses nicht Gelebte mit uns macht, wie sehr diese Emotion, dieses „wäre“ und „hätte“ zur Projektionsfläche wird für das, was man glaubt zu verpassen. Ein Gradmesser für jene Sehnsucht, die sich tiefer und tiefer ins Herz schraubt. Es geht also um einen Mann zwischen zwei Frauen.

So geht dieser Schriftsteller Max Zorn auf Lesereise. Mit Air Berlin unterwegs von Berlin nach New York. Seine Freundin Clara ist schon dort, bereitet als Literatur-Praktikantin seines Verlags alles vor. Zuerst ist nur Max Zorn zu sehen in einem langen Close-up. Er erzählt vom Sterben seines Vaters, eines Philosophen, der ihm einen Glaubenssatz mitgegeben hat. Dass nur zwei Dinge im Leben zählen: das, was wir getan haben – und bereuen. Und das, was wir nicht getan haben – und bereuen.

Als die Kamera langsam Abstand nimmt, wird klar, hier liest Max Zorn in New York aus seinem neuen Roman. Das Ich ist nicht der Autor, sondern sein literarischer Protagonist. Doch was ist Fiktion, was ist Wahrheit? Wenn Schlöndorff den Film in diese Richtung weiter vorangetrieben hätte, wäre „Rückkehr nach Montauk“ vermutlich anders und ein Erfolg geworden.

Überhaupt: Von Anfang an versteht man nicht recht, warum dieser Zorn (Stellan Skarsgård) überhaupt einen Schlag hat bei jüngeren Frauen, warum diese frische, wirbelige Clara (Susanne Wolff) an dem knittrigen, alternden Mann festhält. Er verströmt keinen intellektuellen Eros, ein Egoist dazu, ohne Empathie. In der Liebe kennt er nur Schwarz oder Weiß. Skarsgård spielt diese Rolle, wie sie ist: ohne Zwischentöne. Ursprünglich stand Ralph Fiennes als Zorn auf der Besetzungsliste. Doch der Brite sagte ab.

In New York arrangiert Max Zorn mühevoll ein Treffen mit seiner Ex-Geliebten Rebecca. Nina Hoss spielt mal wieder eine Ostdeutsche, hier eine Staranwältin, die in ihrer Unterkühlung und anfänglichen Abwehr des Schriftstellers wie eingefroren scheint.

Ein paar Tage später fahren sie nach Montauk an der Ostspitze von Long Island. Ein paradiesischer Ort am Meer, schön anzusehen. Hier waren sie einmal glücklich zusammen. Bei der Fahrt im Auto sprechen sie darüber, wie es früher war. Einige Szenen wirken wie ein Kammerspiel, dazu viele Close-ups. Und es zieht sich bis zum Höhepunkt – jene anderthalb Tage in Montauk. Dort ist es Rebecca, die aufräumt mit der gemeinsamen Liebe, von der Zorn hofft, dass er sie im Hier und Jetzt wieder beleben könnte - natürlich dann für ewig.

In der Idylle bricht es aus ­Rebecca schließlich heraus, verstört berichtet sie von ihrem tragischen Verlust, der es ihr un­möglich macht, die Gegenwart zu leben. Zorn versteht das alles nicht, schwelgt in Erinnerungen. Aber Rebecca ist da schon längst nicht mehr bei ihm. Clara ­wird Zorn später erzählen, er habe einen „Geist“ gesehen. Leider Chance vertan, Herr Zorn.

„Rückkehr nach Montauk“ Deutschland 2017, 106 Min., o. A., R: Volker Schlöndorff, D: Nina Hoss, Stellan Skarsgård, täglich im Abaton,
Blankeneser, Holi; www.wildbunch-germany.de