Mit seinem Roman „Die Wohlgesinnten“ löste Jonathan Littell 2008 Wirbel aus. Die einen wollten in der Schilderung von Faschismus und Holocaust aus der Sicht eines SS-Offiziers eine aufregend neue fiktive Aufarbeitung der Vergangenheit erkennen. Andere sagten, der Autor setze die Täterperspektive nur für den Schockeffekt ein. Mit „Wrong Elements“ hat er einen radikalen Genrewechsel vom „Tatsachenroman“ zum Dokumentarfilm vollzogen. Seinem Interesse an Täterperspektiven ist Littell, der lange in den Krisengebieten Afrikas und Osteuropas als Helfer unterwegs war, treu geblieben.

Fünf Menschen stehen im Zentrum seiner Doku. Alle eint das Schicksal, als Kinder von der Armee des ugandischen Rebellen Joseph Kony entführt worden zu sein. Vier stellt Littell als Opfer vor. Geofrey, Mike, Nighty und Lapisa Evelyn lässt er ihren Erinnerungen nachhängen. Lapisa Evelyn merkt man das Trauma des Erlebten noch an. Die anderen drei entwickeln eine gelassene Offenheit, die Zynismen über die Potenz von Vergewaltigern genauso zulässt wie das Bekenntnis, das Mike erneut zur Rebellenarmee überlaufen würde, wäre sie noch aktiv.

Dass Littell mehr will, als der Welt das Schicksal von Kindersoldaten nahezubringen, wird erst im letzten Drittel deutlich. Darin begleitet er die Überstellung des Rebellenführers Dominic Ongwen zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Auch Ongwen war als Kind entführt worden. In den Reaktionen auf seine Geschichte zeigen Mike, Geofrey und Nighty nun die volle Zwiespältigkeit ihrer Opfer- und Täterrolle. Vom Zuschauer fordert „Wrong Elements“ zwar Geduld, aber das feine Mosaik, das Littell da zusammenfügt, lohnt, weil es über so viel mehr als nur Fakten informiert.

„Wrong Elements“ F/D/BEL 2017, 133 Min., ab 12 J., R: Jonathan Littell; am 30.4./3.5. im 3001 (OmU), 2.5. Metropolis (OmU)