Das Historiendrama „Es war einmal in Deutschland“ unterhält, ohne in die Tiefe zu gehen

Wer während eines Krieges Gräuel­taten erlebt und überlebt, wird danach wohl so schnell wie möglich das Land verlassen wollen. Ein Leben umgeben von einstigen Feinden scheint schließlich unvorstellbar. Dennoch klappt es mit dem Auswandern nicht immer wie erhofft – wie jetzt das Drama „Es war einmal in Deutschland ...“ mit Moritz Bleibtreu zeigt. Der Film erzählt von einem eher unbekannten Kapitel der deutschen Geschichte: von Juden, die nach dem Holocaust erst einmal ausreichend Geld verdienen müssen, um sich einen Neustart im Ausland zu ermöglichen.

Bleibtreu („Lommbock“, „Knockin’ On Heaven’s Door“) spielt David Bermann, der in Frankfurt am Main in einem von der US-Armee errichteten Lager lebt. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte ihm mit seinen beiden Brüdern ein florierendes Wäschegeschäft. Nun ist er der einzige Überlebende seiner Familie und will sich eine neue Existenz aufbauen.

Zusammen mit anderen jüdischen Überlebenden, die alle von der Emigration träumen, baut der Geschäftsmann erneut einen Wäschehandel auf: Mit dem Auto fahren die Männer von Haus zu Haus und versuchen den Frauen, Bettlaken, Tischdecken und Frotteehandtücher („Alles feinste Ware aus Paris!“) zu verkaufen. Dabei nehmen sie es mit der Wahrheit nicht immer so genau: Mal täuschen sie angeblich unschlagbare Rabatte vor, mal behaupten sie bei einer Witwe, der kürzlich gestorbene Ehemann habe die Wäsche zuvor noch bestellt.

Es ist ein spannender Einblick in das Leben einer gespaltenen Gesellschaft

Der in Bayern geborene Regisseur Sam Garbarski, der mit Filmen wie „Vertraute Fremde“ und „Irina Palm“ bekannt wurde, entwirft in seinem Drama ein Kaleidoskop deutscher Nachkriegsstimmungen: Wenn die Männer durch die zerstörte Stadt fahren, fängt er Bilder von Trümmerfrauen und Schwarzmarkthändlern ein. Er macht aber auch deutlich, wie die Deutschen nach Kriegsende aufatmen und neu gewonnene Freiheiten genießen – während die jüdischen Holocaust-Überlebenden die erlebten Schrecken zu verdrängen versuchen.

Es ist ein spannender Einblick in das Leben einer gespaltenen Gesellschaft. Fast beiläufig fragt der Regisseur dabei, ob man als Opfer überhaupt in einem Land leben kann, in dem potenziell jeder Mitschuld auf sich geladen hat. Seine Protagonisten, allen voran Bermann, widersetzen sich der Opferrolle dabei auch mithilfe des typisch jüdischen Humors. So gelingt Gabarski eine spannende Balance zwischen Tragik und Komik.

Dennoch geht seine Herangehensweise nicht wirklich auf. Zum einen wirkt die Inszenierung zu glatt, strahlen seine von fröhlicher Musik unterlegten Bilder trotz aller Trostlosigkeit ein bisschen zu sehr in warmen Farben und dem Sonnenlicht. Auch die Charaktere bleiben etwas stereotyp und schablonenhaft: Der Regisseur ermöglicht den Figuren kaum eine Entwicklung und erzählt seine Geschichte zu oberflächlich. Weil diese Außenseitergruppe aber so sympathisch daherkommt, schaut man ihren Erlebnissen letztlich doch gern zu und fühlt sich mehr als 100 Minuten auch gut unterhalten.

„Es war einmal in Deutschland“ D/BEL/LUX 2017, 102 Min., ab 12 J., R: Sam Garbarski, D: Moritz Bleibtreu, Antje Traue, Tim Seyfi, täglich im Abaton, Koralle-Kino, Passage; Internet:
www.eswareinmalindeutschland.x-verleih.de