Sydney.

Es war der Schock ihres Lebens: Die Australierin Ali Cobby Eckermann (53) hat den Windham-Campbell-Preis gewonnen. Mit 165.000 US-Dollar (155.000 Euro) ist es einer der am höchsten dotierten Literaturpreise der Welt. Auf einen Schlag steht die Frau, die mit ihrer Adoptivmutter in einem Wohnwagen lebt, damit im Blickpunkt der Literaturszene. Für die Aboriginal-Künstlerin ist der Preis ein lebensverändernder Einschnitt.

Die Glückwunschmail der Preisjury hielt Eckermann zunächst für Quatsch – sie hatte ihre Arbeiten nirgendwo eingereicht. Doch eine Besonderheit des Windham-Campbell-Preises der US-Universität Yale ist, dass die Gewinner erst von ihrer „Teilnahme“ erfahren, wenn sie bereits gewonnen haben. Eckermann vergewisserte sich schließlich telefonisch ihres Gewinnes, wie sie dem „Sydney Morning Herald“ erzählte. Ereignet hat sich all dies in den vergangenen Tagen, doch noch während ihrer ersten Interviews war Ali Cobby Eckermann emotional. Die 1963 geborene Schriftstellerin lebt selbst in eher armen Verhältnissen, obwohl ihre Gedichte in Australien bereits Anerkennung gefunden haben – doch Geld lässt sich mit Literatur oftmals nicht verdienen.

Eckermann arbeitet in ihren Gedichten ihre eigene Familiengeschichte und das Schicksal der sogenannten gestohlenen Generation auf. Dieser Begriff steht für Kinder der Ureinwohner, die bis in die 70er-Jahre ihren Familien weggenommen wurden und in Pflegefamilien oder Waisenhäusern aufwachsen mussten. Eckermann selbst ist Teil dieser „gestohlenen Generation“ und wuchs bei einer deutschstämmigen Familie auf. „Ich habe gelernt, meine emotionale Last anzunehmen und in Poesie umzuwandeln.“

Mit dem Preisgeld will die Künstlerin nun ein Haus am Meer für ihre Kinder und Enkelkinder kaufen. Außerdem hofft sie, dass auch der Rest ihrer Familie, die im Outback lebt, zu Besuch kommen werde, und dort dann einen sicheren Ort vorfinde. „Mir selbst erlaubt das Geld, mich auf meiner Reise als Schriftstellerin weiter herauszufordern“, sagte sie. Sie wolle sich als Nächstes an einem Roman versuchen. „Ich sitze seit einer Weile auf einer Geschichte“, sagte sie.