Burkhard Fuchs. Peter Fahrenkrug aus Quickborn sammelt historische Picknick-Koffer. Ein Exemplar in seiner Sammlung gehörte einem deutschen Regenten

Das Sammeln liegt ihm im Blut, sagt Peter Fahrenkrug. „In unserer Familie gibt es viele Jäger und Sammler“, so der Quickborner Mediziner, der Bücher sowie technische und medizinische Antiquitäten liebt. Vor rund 20 Jahren begann seine Leidenschaft für die Kultur des Essens und Trinkens in der freien Natur. Bei einem Trödler in Südfrankreich entdeckte Fahrenkrug einen alten Picknick-Koffer. Das löste eine wahre Sammelleidenschaft in ihm aus. Heute besitzt Fahrenkrug 550 verschiedene Picknick-Körbe, -Taschen und -Koffer aus allen Epochen seit 1870, vornehmlich aus Frankreich, England und Deutschland.

Der Picknick-Koffer aus Südfrankreich erinnerte den Arzt an frühere, meist militärische Medizinkoffer, die fein säuberlich chirurgische oder anatomische Instrumente enthielten. Hier nun fand er Thermoskannen, Besteck, Dosen, Schüsseln, Weinflaschen und sogar Porzellan, eine Teekanne und einen Eierkocher, festgeschnallt für den Einsatz unterwegs.

Der Startschuss der modernen Picknick-Kultur war die Zeit des Reisens mit der Kutsche, erzählt Fahrenkrug, der sich im Laufe der Jahre ein profundes historisches Wissen zu diesem Thema angeeignet und bereits mehrere Ausstellungen mit seiner ungewöhnlichen Sammlung bestückt hat. Schon die Griechen und Römer der Antike zelebrierten das Rasten und Speisen im Freien.

Wenn die meist betuchteren Herrschaften auf Reisen waren, wollten sie unterwegs auch standesgemäß speisen. Landgasthäuser gab es im 19. Jahrhundert nur wenige. Und wenn, waren sie eher schmuddelig und laut und luden nicht gerade zur Einkehr ein. Also behalfen sich Franzosen und Engländer, die als die Pioniere des Picknickens gelten, mit einem eigenen Tischgedeck für unterwegs, das dann die Diener aufbauen und nach dem Essen wieder abwaschen konnten.

Der Begriff Picknick stammt aus dem Französischen (pique-nique) und bedeutet so viel wie „etwas Kleines aufnehmen“. Die Engländer machten daraus eine regelrechte Esskultur, die sich bis heute in allen Schichten gehalten hat. „Bei schönem Wetter picknicken sie gerne auf großen Rasen- und Parkflächen“, sagt Fahrenkrug. Dieses Freizeitvergnügen hat sich auch hierzulande etabliert, wird etwa im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals oder des Dinners in Weiß zelebriert.

Seine Sammlerstücke, die der Quickborner in einer alten Scheune lagert, sind zum Teil sehr wertvoll. Ein Picknick-Koffer, der 2005 im Auktionshaus Sotheby’s versteigert wurde und danach in Fahrenkrugs Besitz kam, gehörte König Georg V., dem letzten Regenten des Königreichs Hannover, das sich einst von der Nordsee bis nach Göttingen erstreckte.

Der König musste nach der Niederlage gegen die Preußen im Deutschen Krieg 1866 nach Wien emigrieren und ließ sich dort ein wahres Prachtexemplar eines Picknick-Koffers aus Holz und Leder anfertigen. Dieses exquisite Stück blieb 2005 bei der Versteigerung der vielen Antiquitäten und der Waffensammlung der Welfen in der niedersächsischen Marienburg bei Hildesheim zunächst liegen. Fahrenkrug erwarb den Koffer dann später von einem Auktionsmitarbeiter, der offenbar nicht recht wusste, welchen Schatz er da hatte.

Es galt, die Speisen frisch und warm zu halten. Darum sind einige der mondäneren Picknick-Koffer mit einem Spirituskocher ausgestattet. Es musste ja jederzeit unterwegs Wasser für den Tee gekocht werden, erklärt Fahrenkrug. Wiederverschließbare Gläser und Dosen hielten die Lebensmittel frisch. Und natürlich mussten auch Besteck, Teller, Tücher, Gläser und Becher sowie Stövchen, Teekanne und Gewürzstreuer in diesen Picknick-Koffern ihren angestammten Platz haben.

Auch in der DDR wurde das Picknicken kultiviert, erzählt Sammler Fahrenkrug. Denn es gab in dem sozialistischen Staat einen chronischen Mangel an Restaurants und Raststätten, sodass man sich auch auf der Urlaubsreise Speisen lieber selbst mitnahm, um unabhängig zu sein.

„Man muss schon etwas bekloppt sein, um diesem Hobby zu frönen“, sagt Peter Fahrenkrug. Vor allem das Aufbewahren seiner vielen Sammlerstücke sei schwierig. „Das sind ja keine Briefmarken, die man leicht in Alben stapeln kann.“ Sein Lager quelle mittlerweile fast über.

Neben dem jeweils epochentypischen Design und Material fasziniert ihn die Kunstfertigkeit der Koffer, in denen auf engstem Raum alles kunstvoll verpackt und vor Transportschäden geschützt wurde. Am Sammeln interessiert ihn aber auch das Handeln und Feilschen auf den Floh- und Trödelmärkten, die der Quickborner schon seit Jahrzehnten besucht. Fahrenkrug: „Der Wert des Sammelns besteht auch darin, dass man die Dinge auftreiben und dann den Preis aushandeln muss. Das ist das Spannende daran.“