Das Deseo in Eppendorf wirkt nur von außen kühl und bietet auch feine warme Speisen

Sicher, Eppendorf war früher lebendiger, szeniger, doch auch bodenständiger. Damals, als es etwa die (Mitte der 80er-Jahre geschlossene) Musikkneipe Onkel Pö’s noch gab und der Stadtteil noch jünger wirkte. Auch ehemalige Schüler des Gymnasiums Eppendorf an der Hegestraße, der „Hegepenne“, können davon ein Lied singen. Ebenso vom Geruch eines Chinesen am Hegestieg, dessen Name („King Du“?) einem auf dem Weg zur Schule stets wie eine Frage vorkam und auf dem Heimweg zur ewig gleichen Antwort („Nicht ich“!) führte.

Jenes Lokal ist an der Ecke Eppendorfer Landstraße ebenso Geschichte wie seit 2016 die dreijährige Existenz des Chez Bernard. Statt Französisch steht dort seit gut einem halben Jahr Spanisch auf der Speisekarte: „Deseo“ heißt übersetzt „Ich wünsche“ oder „der Wunsch“. Wirkt die Tapas-Bar von außen ob der schwarzen Wände stylisch-cool, ändert sich das, wenn man den Vorhang an der Tür und die Raucher hinter sich gelassen hat. Äußerst aufmerksam und freundlich zugewandt zeigen sich die Servicekräfte – obwohl wir an diesem Winterabend recht spontan und spät hereinschneien und eine Sonnabendfülle im Restaurantbereich mit entsprechender Lautstärke vorherrscht. Das Publikum ist heterogen, von jung-chic bis lässig-seriös, nur teilweise Schickimicki light.

An einem Tisch an der Wand, noch vor dem langen, beeindruckenden Holztresen, kommt sogar Gemütlichkeit auf. Auch weil der Service das hausgebackene, knusprige, noch lauwarme Brot ebenso fix wie unaufdringlich serviert und die Aioli sanft und frisch schmeckt. Das Verlangen nach Frische will das Deseo laut Selbstbeschreibung ja auch stillen. Die Karte ist erstaunlich umfangreich und in sieben Bereiche unterteilt. Was nur wünschen?

In der Abteilung „Vegetarische Leidenschaft“ steht Ziegenkäse in zwei warmen Varianten zur Wahl: Der gratinierte Ziegenkäse auf Apfel mit Honig und Rucola zu 7 Euro mundet wie ein Ziegenfrischkäse, jedoch mit delikater Kruste. Albondigas, die Hackbällchen aus der Abteilung „Fleischeslust“, sind hier zu 100 Prozent aus Rind, fluffig-würzig in fruchtig-pikanter frischer Tomatensoße und sehr bekömmlich (6,50 Euro). Als Krönung entpuppt sich unter den „Fischmomenten“ das knusprig gebratene und dennoch saftige Lachsfilet in sämig-delikater Weißweinsoße auf Babyspinat (8 Euro) – ein Genuss selbst für Nicht-Lachsliebhaber.

Diese drei Gerichte reichen mit Brot bereits, einen mittelgroßen Hunger für zwei zu befriedigen. Das Glas Palacio de Bornos (7 Euro für 0,2 l) aus der Region Rueda erweist sich mit seinem herb-fruchtigen Geschmack zudem als passende Weißwein-Empfehlung und ist ebenso fair kalkuliert, wie es die meisten Tapas sind – zwischen sechs und zwölf Euro.

Für das „süße Nachspiel“, ein Dessert, blieb kein Platz, umso feiner ein Wodka-Karamelllikör (2 cl zu 3,50 Euro).

Und das Deseo macht längst nicht alle Moden mit: Im März heißt es sonntags noch: „Tatort oder Tapas?“ Statt TV-Rudelgucken gibt es dann alle warmen Tapas für nur je fünf Euro. Die Karte bietet genug Spannendes. Nur allerspätestens um kurz nach 23 Uhr sei jeweils Feierabend, bittet Betriebsleiterin Yvonne Plöhn am Ende um Verständnis für die Hausbewohner. In Eppendorf zu versacken ist, anders als früher, hier nicht mehr drin.

Deseo Tapas-Bar Eppendorfer Landstraße 10
(U Eppendorfer Baum, Bus 34, 114)), Mo-So 18.00-23.00 (Küche bis ca. 22.00), T. 49 20 16 70