Das Drama „Fences“ von und mit Denzel Washington ist große Schauspielkunst – und nominiert für vier Oscars

Groß sind die Gesichter auf der Leinwand. Es gibt Berge von Dialogen. Es gibt massige Monologe. Und nahezu einzige Spielfläche ist der Hinterhof eines ärmlichen afroamerikanischen Haushalts im Pittsburgh der 50er-Jahre. „Fences“, der viermal für einen Oscar nominierte Film von und mit Denzel Washington, stellt von Anfang an klar: Der Text ist hier der Hauptdarsteller. Die Leinwand bleibt die Theaterbühne, für die das Stück in den 80er-Jahren entstanden ist.

Washington hat sich für seine dritte Regiearbeit nach „Antwone Fisher“ von 2002 und „The Great Debaters“ von 2007 ein mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnetes Theaterstück des 2005 gestorbenen US-Dramatikers August Wilson ausgesucht, in dem er selbst 2010 am New Yorker Broadway auf der Bühne stand. Er spielt Troy Maxson, einen nicht immer angenehmen Zeitgenossen. Er ist selbstgerecht und larmoyant. Er ist stolz darauf, dass er seine Familie trotz widriger Zeiten ernähren kann. Seit 18 Jahren ist Troy mit seiner zweiten Frau Rose (gandios: Viola Davis) verheiratet. Mit dem gemeinsamen Sohn Cory (Jovan Adepo) und seinem Bruder Gabriel (Mykelti Williamson), der seit einer Kriegsverletzung geistig behindert ist, leben sie in einem kleinen Häuschen, um das Troy im Lauf des Stückes einen Gartenzaun errichtet – eine Metapher gleich für sein ganz auf sich selbst bezogenes Leben.

Die Strenge seines eigenen Vaters hat Troy hart gemacht

Troy arbeitet bei der Müllabfuhr. Er steht mit seinem besten und einzigen Freund Jim Bono (Stephen McKinley Henderson) hinten auf dem Laster, weil nur Weiße als Fahrer beschäftigt werden dürfen. Er wird im Laufe des Stückes dagegen aufbegehren. Er wird zum ersten schwarzen Müllfahrer von Pittsburgh – obwohl er weder einen Führerschein hat noch lesen und schreiben kann.

Es ist Zahltag. Wie in jedem Monat hält Troy dann Hof im Garten, genehmigt sich genüsslich Schnaps aus der Flasche und lamentiert über die Ungerechtigkeiten des Lebens. Er war einmal aufstrebender Baseballspieler in der „Negroe League“, erfahren wir. Er macht allein das weiße Amerika dafür verantwortlich, dass sein Traum von der Baseballerkarriere zerbrochen ist. Weil Zahltag ist, kommt auch Jazzmusiker Lyons (Russell Horns- by­), Troys Sohn aus erster Ehe, vorbei, weil er sich Geld leihen will. Und wird vom Vater gnadenlos heruntergeputzt. Er hält nichts von Lyons’ Lebenswandel. Er lässt es ihn wortreich spüren. Die Strenge seines eigenen Vaters hat ihn hart gemacht.

Die großen Konflikte aber spielen sich zwischen Vater und Sohn Cory und Vater und Ehefrau Rose ab. Cory ist ein ausgezeichneter Sportler und will in die Baseballmannschaft, doch Troy verbietet es ihm auf herrische, auf schmerzhafte Weise. Noch schmerzhafter ist seine Beziehung zu Rose, die ihm seit 18 Jahren zur Seite steht. Er achtet sie, er respektiert sie, doch er kann ihr seine Liebe nicht zeigen. Schlimmer noch. Er geht fremd, zeugt mit seinem Verhältnis eine Tochter, deren Mutter bei der Geburt stirbt. Rose wird das Baby adoptieren und großziehen.

Die Ehe ist zerstört. Auch Cory wird der Familie entfliehen und geht zur Army. Ein tränenreiches Drama. Doch auf wundersame Weise ist „Fences“ keinen Moment lang gefühlsduselig oder gar kitschig. Was an den großartigen, hoch emotional agierenden Darstellern liegt. Allen voran Denzel Washington als vom Leben enttäuschter Haustyrann und Viola Davis als seine selbstbewusste und sich dennoch aufopfernde Frau.

Denzel Washington hat die Tugenden des intimen Theaterspiels auf die Leinwand übertragen. Die Figuren leben, man fühlt mit ihnen, man leidet mit ihnen, man ist ihnen immer ganz nah. Das ist kein großes Kino, aber große Schauspielkunst, die mitreißt und bewegt. Die Oscar-Ehren scheinen „Fences“ sicher.

„Fences“ USA 2016, 139 Min., ab 6 J.,
R: Denzel Washington, D: Denzel Washington,
Viola Davis, Stephen Henderson, Jovan Adepo,
im UCI Mundsburg; www.fences-film.de