Wie verständigten sich Schiffe, bevor es Handy oder Funkgerät gab? Und wie fanden sie ihren Kurs ohne Navi? Auf Erlebnis-Kindertour durch das Maritime Museum

Der Mensch hisste Segel, lange bevor er ein Pferd sattelte. Er baute Boote und Schiffe wohl bereits vor 40.000 Jahren. Durch die Schifffahrt hat sich die Welt dramatisch verändert: Kontinente wurden entdeckt und daraufhin schnell besiedelt, Völker trieben Handel über das Meer, eroberten Länder, wurden reich – oder gingen buchstäblich unter.

Hamburg verdankt seinen Wohlstand dem Wasser der Elbe und der Schifffahrt, und das Internationale Maritime Museum Hamburg, übrigens das größte der Welt, verdankt seine Existenz seinem gerade verstorbenen Stifter, einem jahrzehntelang leidenschaftlichen und unermüdlichen Sammler von allem, was mit Marine und dem Meer zu tun hat: dem erst vor wenigen Wochen verstorbenen ehemaligen Abendblatt-Redakteur (und späteren Chef des Axel-Springer-Verlages) Peter Tamm.

Dieser riesige Fundus ist auch für Kinder unbedingt einen Besuch wert. Alle 36.000 Ausstellungsstücke auf den neun „Decks“ (Etagen) wird man kaum auf einmal schaffen, für Kinder gibt es einen kürzeren Rundgang mit vielen Mitmachstationen, durch die Käpt’n Kuddel mit seinem Kater Rubens führt. Der Held aus der gleichnamigen Comicserie (erschienen im Ankerherz Verlag) lässt erleben, welche Faszination, Sehnsucht und auch Angst das weite Meer für die Menschen seit Urzeiten bedeutet.

Am Eingang bekommen Annik und Nora, Fritz und Franz dazu ein vierseitiges Quiz in die Hand. Und dann sausen die befreundeten Zwillinge auch schon los und bewundern das erste Highlight: die „Queen Mary 2“ aus Legosteinen! „Ein halbes Jahr lang haben zwei Leute nur an diesem Schiff gebaut“, erklärt Annette Moritz vom Museumsdienst Hamburg.

„Was schätzt ihr denn, wie viele Teile verbaut wurden?“ „4000“, rät Annik. „Mehr!“ „20.000“, schätzt Fritz. Weit gefehlt: 780.000 Teile sind es, und während der Bauzeit gab es in Hamburg keine schwarzen und weißen Legosteine mehr zu kaufen. Und dann kommt die erste Frage auf dem Quizzettel: Welcher berühmte Computer versteckt sich an Bord der „Queen Mary“? C3PO, R2D2 oder BB-8? Die vier „Star Wars“-Fans entdecken ihren Helden schnell.

An der nächsten Station blicken wir auf eine Wand voller Flaggen – ganz hübsche Muster, aber wozu hängen die hier? Jahrtausendelang konnte man sich, als es weder Funkgerät noch Handy gab, auf See nur durch optische Zeichen mit anderen Schiffen verständigen. 1901 wurde dazu ein Flaggen­alphabet eingeführt. Hier erfährt man, welche Signale sich hinter den Flaggenmustern verbergen.

Und woher wussten die Seeleute, wohin sie ihr Schiff lenken sollten, um dort anzukommen, wo sie auch hinwollten? GPS gab es ja noch nicht, und auf dem weiten Meer sieht es überall gleich aus. Franz stürzt sich auf ein Instrument, das Sextant genannt wird, und probiert sich als Kapitän. Dazu muss der Stand der Sonne zur Mittagszeit ermittelt werden. Fritz schreibt auf, was sein Bruder sieht, doch alle wollen mal einen echten Sextanten in der Hand und am Auge haben.

Nach den Flaschenzügen und Seemannsknoten bewundern wir ein prachtvolles Segelschiff, die „Wappen von Hamburg III“, Peter Tamms Familienschiff, das vor 250 Jahren von einem seiner Vorfahren kommandiert worden sein soll. Und Fritz entdeckt nebenbei, dass man durch das lange U-Boot-Periskop auf dem Gang genau sehen kann, was mehrere Meter weiter oben passiert.

Neben Marineuniformen und Schulterabzeichen faszinieren die Zeugnisse der Vergangenheit wie die Reproduktion des „Behaim-Globus“, des als Erdapfel betitelten ältesten Globus’ der Welt. „Guck mal, wie leer die Welt da noch war“, sagt Nora. Auf dem Original von 1492 war Amerika noch nicht eingezeichnet, weil Christoph Kolumbus den Kontinent da gerade erst entdeckte.

Welche Routen über die sieben Weltmeere mutige Männer wie der Isländer Leif Eriksson, James Cook oder eben Kolumbus entdeckten, erfahren wir genauso wie einiges über das Leben der meist gefürchteten Piraten (-frauen!), Rettungskörbe für Menschen, die über Bord gegangen waren, und Arbeiten an Bord. Bei den Nachbauten der Kabinen alter Kreuzfahrtschiffe kommt Sehnsucht auf. „Wenn wir einmal eine Kreuzfahrt machen, dann nehmen wir die Suite!“, erklärt Franz, und Annik und Nora stimmen zu.

Für Schaudern sorgt ein echtes Stück pechschwarzer Kohle, das aus der gesunkenen „Titanic“ stammt. Dann entdeckt Fritz kleine, normalerweise für unsere Augen unsichtbar jagende, unheimliche Lebewesen aus den stockdunklen Tiefen der Ozeane, die hier für die Ewigkeit in Gläsern konserviert wurden. Für viel Bewunderung sorgen anschließend die Schiffsmodelle aus Gold, Silber – und Knochen.

Alle Fragen auf dem vierseitigen Quiz konnten beantwortet werden, viel Spaß machte auch die Zusatzausstellung über Wasser und virtuelles Wasser. „Ich fand toll, dass die Ausstellung so groß ist“, sagt Fritz. „Und dass man so viel ausprobieren kann, besonders in der Extra-Ausstellung“, meint Nora. „Richtig cool fand ich auch das Legoboot“, sagt Franz. „Alles war einfach super“, sind sich die vier Kinder einig.