Hamburg . Schierlings-Wasserfenchel in Gefahr: Bundesrichter fordern Nachbesserungen. Experten rechnen mit zwei Jahren Zeitverlust. Bürgermeister Scholz gibt sich dennoch optimistisch

Die von Hamburg und dem Bund geplante Elbvertiefung bleibt bis auf Weiteres verboten. Selbst nach mehrfacher Nachbesserung erklärte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Vorhaben am Donnerstag in seiner jetzigen Form für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“. Die Pläne für die umstrittene Elbvertiefung müssten überarbeitet werden. Experten rechnen mit einem weiteren Zeitverzug von bis zu zwei Jahren. Damit geht ein seit vier Jahren währender Rechtsstreit in die nächste Runde.

Wie berichtet, soll die Elbe ausgebaggert werden, damit künftig Containerriesen mit einem Tiefgang bis zu 13,50 Meter unabhängig von der Flut und bis zu 14,50 Meter auf der Flutwelle den Hamburger Hafen erreichen können. Zudem sollen bessere Möglichkeiten geschaffen werden, dass große Schiffe einander beim Ein- und Auslaufen passieren können.

Die Umweltschutzorganisationen BUND und Nabu hatten gegen die Elbvertiefung geklagt. Sie bezweifelten grundsätzlich die Notwendigkeit der Fahrrinnenvertiefung. Die Entwicklung des Containerumschlags verlaufe nicht so wie prognostiziert. Zudem bemängelten sie zahlreiche Verstöße gegen Naturschutz- und Wasserrecht.

Dem folgte das Bundesverwaltungsgericht so jedoch nicht. „In Relation zur Vielzahl der von den Klägern erhobenen Mängel hält sich die Zahl der gerichtlichen Einwände in engen Grenzen“, sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Nolte. Allerdings sieht er in zwei Punkten Nachbesserungsbedarf: So hat das Gericht die Schutzmaßnahmen für den Schierlings-Wasserfenchel – eine bedrohte Pflanzenart, die nur noch an der Elbe vorkommt – für nicht ausreichend erklärt. Außerdem beanstanden die Richter die Regelungen der Planfeststellungsbeschlüsse zur Kohärenzsicherung, also zum Naturausgleich. Die zum Ausgleich vorgesehene Fläche „Kreetsand“ scheide als Kohärenzmaßnahme aus, so das Gericht.

Die Umweltverbände kritisierten, den Behörden sei es auch nach mehr als zehn Jahren Verfahrensdauer nicht gelungen, eine rechtskonforme Planung vorzulegen. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete das Urteil indes als einen „ganz wichtigen Meilenstein für die Wirtschaftsnation Deutschland“. Die Entscheidung biete nicht nur Rechtssicherheit für den Fortgang des Verfahrens in Hamburg, sondern auch „Sicherheit für künftige Maßnahmen“. Jetzt stehe fest: „Die Elbvertiefung wird kommen.“ Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, die Bundesregierung werde die Urteilsbegründung analysieren und die Planungen schnellstmöglich anpassen. „Die Elbvertiefung ist hochwirtschaftlich und unverzichtbar, um modernen Frachtschiffen den sicheren Zugang zum Hamburger Hafen zu ermöglichen“, so der Verkehrsminister.

Ein Nadelstich kam aus dem Nachbarland Niedersachsen, das der Elbvertiefung einst zugestimmt hatte. Der Richterspruch werde die angestrebte Elbvertiefung weiter verzögern und sei deshalb „sicher ein Problem für die weitere Entwicklung des Hamburger Hafens“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) „Schluss mit einer völlig überholten Hafenkirchturm-Politik. Wilhelmshaven hat die optimale Voraussetzung, um gemeinsam mit Bremerhaven und Hamburg einen wirklich zukunftsfähigen ,Hafen Norddeutschland‘ zu bilden“, sagte Lies.

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