Die Romanze „Den Sternen so nah“ ist Teenie-Kitsch, huldigt aber auch der Filmkunst

Männer kommen vom Mars. Bisher war das nur die Hälfte einer ziemlich abgestandenen Metapher für die ach so großen Unterschiede von Männern und Frauen. Der 16-jährige Gardner Elliot (Asa Butterfield) würde allerdings einiges dafür geben, um sich lediglich mit Geschlechterdifferenzen herumschlagen zu müssen. Er kommt tatsächlich vom Roten Planeten. Seine Mutter war die Kommandantin der ersten bemannten Marsmission und unbemerkt schwanger, als sie sich auf den neunmonatigen Flug begab.

Kaum gelandet, starb sie im Kindbett und hinterließ einen Jungen, der durch sein Gedeihen in der Schwerelosigkeit indes einige organische Absonderheiten mitbekam. Kurz gesagt: Auf der Erde würde er nicht lange überleben. Eben dort wohnt aber seine einzige Freundin Tulsa (Britt Robertson). Gardner hat sie im Internet kennengelernt und in dem Glauben gelassen, er sei schwer krank und befinde sich in einem New Yorker Penthouse in Quarantäne. Doch wie es der Fortschritt und die Marketingabteilung der Nasa wollen: Eines schönen Tages darf Gardner doch einen Ausflug auf die Erde unternehmen. Prompt entwischt er seinen Aufpassern. Er macht sich auf zu Tulsa, um gemeinsam nach seinem Vater zu suchen, von dem nicht mehr zu existieren scheint als ein Foto. Wie nebenbei erleben beide den Zauber der ersten Liebe.

Die Hauptfigur hat einen Lieblingsfilm: Wenders’ „Der Himmel über Berlin“

In der Tat: „Den Sternen so nah“ ist melodramatischer Teenie-Kitsch. Glücklich wird hier nur, wer sich auf den Film wie auf ein Märchen einlässt. Dann macht auch Asa Butterfields manchmal allzu tapsige Darstellung seines naiven Marsianers Sinn, und der zerrissene Weltraum-Pionier Nathaniel Shepherd, den Gary Oldman mit geradezu pathetischem Ernst spielt, erscheint als durchaus sinnstiftende Mischung aus müdem König und egozentrischer Stiefmutter.

Zum besonderen Vergnügen trägt bei, dass Gardner sich immer wieder ausführlich mit seinem Lieblingsfilm aus­einandersetzt: „Der Himmel über Berlin“. Mit dessen Helden, dem Engel Damiel, identifiziert sich Gardner so sehr, dass er schließlich glaubt, in seiner irdischen Freundin Tulsa eines jener Kinder wiederzuerkennen, die Wenders als engelsgläubige Zeugen auf den Straßen von Berlin inszeniert hat. Männer kommen vom Mars, Frauen aus einem Wenders-Film. Das ist mehr als ein Kalauer. Hier geht es um die Ausweitung der persönlichen Erfahrungswelt auf mediale Referenzen, um Entscheidungen besser treffen zu können als im Vertrauen auf die eigenen Erfahrungen. Während der Mensch daran arbeitet, den Mars zu besiedeln, tritt an die Stelle der traditionellen Religionen die Kunst als spiritueller Maßstab. Nicht nur für einen Teenie-Film ist das ein bemerkenswertes Gedankenspiel.

„Den Sternen so nah“ USA 2017, 121 Min.,
ab 6 J., R: Peter Chelsom, D: Asa Butterfield, Britt Robertson, Gary Oldman, täglich im Cinemaxx Dammtor, UCI Othmarschen/Wandsbek;
tobis.de/film/den-sternen-so-nah