Hamburg. Die Polizei prüft Parallelen zu alten Fällen, auch zu den “Zwei-Minuten-Räubern“. Der Gesuchte ist ein älterer Mann.

Selbst erfahrene Polizisten können sich nicht mehr daran erinnern, wann zum letzten Mal bei einem Bankraub in Hamburg ein Mensch durch einen Schuss verletzt wurde – bis zum vergangenen Donnerstag. Auch am Abend nach dem blutigen Überfall auf die Haspa-Filiale an der Holstenstraße, bei der ein Bankangestellter (45) angeschossen wurde, war der Täter weiter auf der Flucht.

Mittlerweile wurden weitere Einzelheiten bekannt. Der Bankräuber ist vermutlich Deutscher, älter und agierte nach Angaben der Polizei „teilweise abgebrüht“. Ermittler gehen davon aus, dass er kein Ersttäter ist. Jetzt werden auch ältere Fälle auf Parallelen überprüft. Das bestätigte Polizeisprecher Timo Zill dem Abendblatt. Der Fall erinnert die Ermittler an die spektakulärste Überfallserie der Nachkriegsgeschichte, die von den sogenannten Zwei-Minuten-Räubern begangen wurde.

Der Raub war selbst für Banküberfälle ungewöhnlich brutal

Es war selbst für Banküberfalle ungewöhnlich brutal, was sich am Donnerstag um 17.50 Uhr in der Haspa-Filiale an der Holstenstraße, Ecke Max-Brauer-Allee, abspielte. Maskiert und mit einer Pistole in der Hand trat der Räuber an die Kasse. Er bedrohte den Mitarbeiter und ließ sich Geld geben, nach Angaben der Polizei 1800 Euro.

Dann fielen plötzlich Geldscheine zu Boden. Der Täter legte seine Pistole ab, bückte sich und sammelte das Geld auf. Anschließend nahm er wieder seine Pistole, drehte sich leicht zu dem 45 Jahre alten Haspa-Mitarbeiter, der links von der Kassenbox stand und schoss ihm in den Bauch. Danach flüchtete der Bankräuber ohne besondere Eile.

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Ein Grund dafür, warum der Täter schoss, war nicht zu erkennen. Nur einmal, so heißt es in Polizeikreisen, sei der Mann hektisch geworden. Das war der Moment, als ihm seine Maskierung, eine schwarze Sturmhaube, verrutschte.

Die "Zwei-Minuten-Räuber" benutzten ebenfalls Waffen

Der Einsatz von scharfen Schusswaffen bei Banküberfällen war in Hamburg bislang, selbst in der Hochzeit dieses Deliktes in den 90er-Jahren, die absolute Ausnahme. Eine Ausnahme waren die sogenannten „Zwei-Minuten-Räuber“. Sie hatten zunächst seit 1995 eine jahrelang anhaltende Serie von Überfällen verübt. Die Serie begann am 26. Mai 1995 mit einem Überfall auf das Postamt an der Hellbrookstraße. Es folgten 15 Überfälle, darunter zwei auf Postämter, 13 auf Sparkassen und Banken. Die vorerst letzte Tat dieser „Zwei-Minuten-Räuber“ ereignete sich am 18. Mai 1998. Damals hatten die Täter nach einem Überfall auf die Vereinsbank an der Dorotheenstraße mit einer Schrotflinte auf Polizisten gefeuert. Die Polizei beschrieb die Täter damals so: „Sie sind im Umgang mit Waffen geübt und können Gewalt dosiert einsetzen.“

Sie hatten eine klare Rollenverteilung. Der größere Täter sicherte die Tür und achtete darauf, dass die Zeit von zwei Minuten bei dem Überfall nicht überschritten wurde. Sein kleinerer Komplize erzwang die Herausgabe von Geld. Die Polizei setzte damals umgerechnet etwa 30.000 Euro Belohnung auf die Täter aus. Sie wurden nie gefasst.

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Im Jahr 2000 begann dann eine neue Überfallserie auf Sparkassen und Banken in Hamburg. Sie endete im Fe­bruar 2005 nach einem Überfall auf die Haspa in Heimfeld. Polizisten nahmen zwei Männer fest. In ihren Rucksäcken, hatten sie scharfe Schusswaffen. Einer von ihnen war ein damals 25 Jahre alter Ex-Stricher, ein Handlanger. Als Haupttäter galt sein deutlich älterer Komplize, ein 61 Jahre alter „Berufsverbrecher“, der bis dahin bereits zwei Haftstrafen von insgesamt 23 Jahren wegen zwei versuchten Morden abgesessen hatte. In einem Fall hatte er in Bremerhaven einen Polizisten niedergeschossen.

Die Polizei war sich damals sicher, dass er auch bei der Überfallserie von 1995 bis 1998 dabei war. Doch der Mann schwieg eisern. So ist die Serie der 90er-Jahre offiziell nie aufgeklärt worden.

Der gesuchte "Berufsverbrecher" ist 72 Jahre alt

Heute ist der Mann 72 Jahre alt. Das ist zwar etwas älter als die Beschreibung des Bankräubers von der Holstenstraße. Der Serienräuber war aber immer sehr agil für sein Alter. Bei Überfällen sprang er schon mal über den Tresen. „Während der Haft hat so ein Mann zumindest die Zeit, sich sehr fit zu halten“, sagt ein Beamter.

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Auch die Größe könnte einen Zusammenhang vermuten lassen. Der Täter, der die Haspa an der Holstenstraße überfiel, wird als etwa 1,70 Meter groß beschrieben. Der Serienräuber von damals ist nur ein paar Zentimeter größer. Dass der Täter nicht nur eine Schusswaffe besaß, sondern auch skrupellos einsetzte und anschließend die Nerven behielt, gilt als weitere herausragende Besonderheit, die als Parallele zu früheren Taten gilt. Dazu kommt, dass die akzentfreie deutsche Sprache den Kreis der Verdächtigen weiter eingrenzt. Seine Haftstrafe soll der heute 72-Jährige bereits abgesessen haben. Er soll auch in Hamburg leben.

Der Täter von Donnerstag trug eine grüne Kapuzenjacke, eine beige Cargohose, braune Schuhe oder Stiefel und graue Handschuhe. Er floh mit einem Fahrrad in Richtung S-Bahnhof Holstenstraße. Hinweise auf den gesuchten Bankräuber nimmt die Polizei entgegen unter Tel. 428 65 67 89.