In der französischen Komödie „Plötzlich Papa“ wird Omar Sy unverhofft vom Playboy zum Vater

Da steht er nun, mit dem Baby im Arm – und muss zusehen, wie die Mutter ins Taxi steigt und entschwindet. Samuel (Omar Sy) kann es nicht fassen. Der gut gebaute junge Mann verantwortet einen Motorboot-Charter in Südfrankreich und ist Kapitän des Schnellboots. In der Schlafkabine vergnügt er sich mit immer neuen, sexhungrigen Touristinnen. Samuel lässt nichts anbrennen. Das Baby ist eine Konsequenz seines Hochfrequenz-Sexlebens.

Allein diese Szene, Samuel dort stehen zu sehen und zu beobachten, wie langsam, ganz langsam sein Gehirn zu rattern beginnt, macht viel Spaß. Die Frau, seine Ex-Geliebte Kristin (Clémence Poésy), ist eine depressive Engländerin, an die er sich kaum erinnern kann. Und sie haut einfach ab und lässt ihn mit der Tochter allein. „Ich kann es nicht“, ist ihre einzige Erklärung. „Und du wirst bestimmt ein guter Vater sein.“

Man ist sofort bei Samuel. Was macht der Playboy nun? Drinnen schlafen noch zwei Blondinen, die er in der Nacht bei einem ausgiebigen Dreier beglückt hatte.

Omars Sys Rolle hier ist heiterer als die in „Ziemlich beste Freunde“

Der französische Schauspieler Omar Sy wurde international bekannt dank der Tragi­komödie „Ziemlich beste Freunde“, die allein in Frankreich mehr als 19 Millionen Kinozuschauer sahen, und bekam 2012 den César als bester Hauptdarsteller. Er spielte den unorthodoxen Krankenpfleger Driss, der einem Querschnittsgelähmten wieder Freude am Leben zurückgibt. Sy hatte dem Charakter eine Mischung aus Wärme und Aggression verliehen, die Wut der Banlieues war in jeder Szene spürbar. Der Samuel in seinem neuen Film ist heiterer angelegt.

Und die Rolle zeigt zum wiederholten Mal: Omar Sy kann Comedy. Er hat Charme.

„Plötzlich Papa“ ist europäisches Popcorn-Kino. Bunt, lustig, ab und zu ein wenig ernst. Aber nie zu sehr. Der Film spielt in Südfrankreich und in London, auch diese Mischung tut ihm gut. Seine kleine Tochter Gloria (Gloria Colston) ist reizend, aber ziemlich verzogen. Egal. Nur dass sie amerikanisches Englisch spricht, verwundert etwas. Schließlich wächst das Mädchen angeblich in London auf. Die Schauspielerin stammt aus den USA, das ist der Grund.

Natürlich hat der Film märchenhafte Züge. Samuels Ankunft in London läuft mehr als glücklich, sein Verdienst als Stuntman danach scheint astronomisch zu sein. Samuel wandelt sich innerhalb von Stunden vom Lover zum perfekten leidenschaftlichen Papa, für den es ab jetzt nur noch eine Frau im Leben gibt: seine heranwachsende Tochter. Sie ist fortan der Mittelpunkt seines Universums. Sonst keine.

Der Film nimmt auf den letzten Metern noch eine unerwartete Wendung

Ein modernes Alleinerziehender-Vater-Märchen kann die Welt gut gebrauchen. Bis zum Schluss wird man prima unterhalten. Dass manche Momente am Ende doch arg unrealistisch wirken – geschenkt. Das verzeiht man Hollywood ja auch.

Apropos Schluss. Der Film von Hugo Gélin schafft es tatsächlich, auf die letzten Meter eine unerwartete Wendung zu nehmen. So etwas ist im Kino schon länger nicht mehr gelungen – eine echte Überraschung. Mehr sei hier nicht verraten. Karte kaufen, Popcorn ordern und für zwei Stunden vergessen, wie wintergrau derzeit Deutschland da draußen ist

„Plötzlich Papa“ F 2016, 118 Min., o. A., R: Hugo Gélin, D: Omar Sy, Clémence Poésy, Gloria Colston, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, UCI
Mundsburg/Othmarschen-Park/Wandsbek;
http://tobis.de/film/ploetzlich-papa