Hamburg. Anstieg um 14,3 Prozent in einem Jahr. Nur jeder zehnte Fall wird aufgeklärt – im Freistaat sind es fast 59 Prozent

In Hamburg werden fast achtmal so viele Autos gestohlen wie in München. Das geht aus einer Studie des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) hervor. Demnach waren 2015 in Hamburg 1078 kaskoversicherte Pkw als gestohlen gemeldet worden – das sind 135 Autos oder 14,3 Prozent mehr als im Jahr 2014. Im siebenmal größeren Bayern wurden im gleichen Zeitraum nur 812, in München sogar nur 131 Autos gestohlen. Bundesweit verzeichnet der GdV einen Anstieg bei den Pkw-Diebstählen um 4,3 Prozent.

Hamburg nimmt damit in der bundesweiten Kfz-Diebstahlstatistik den zweiten Platz ein. Nur in Berlin werden pro 1000 Pkw noch mehr Autos gestohlen – analog zur Bevölkerungszahl fast doppelt so viele.

Im Vergleich zu Bayern mit seinen rund 12,5 Millionen Einwohnern machen beide Stadtstaaten eine schlechte Figur. Die GdV-Auswertung deckt sich im Wesentlichen mit dem Kfz-Lagebild des Bundeskriminalamts, wonach 2015 in Hamburg 1254 (zum Teil auch nicht kaskoversicherte) Pkw und in Bayern nur 859 Pkw dauerhaft entwendet wurden. Ein Grund sei die Nähe Hamburgs zum ehemaligen Ostblock. „Hamburg bietet andere Tatgelegenheiten als München. Gestohlene Autos werden häufig außerhalb des Schengenraums verbracht“, sagt ein Beamter. „München bzw. Bayern ist umringt von Schengenstaaten, die – was den Kfz-Diebstahl angeht – eng vernetzt sind und zusammenarbeiten.“

Auffällig ist zudem die enorme Spreizung bei der Aufklärungsquote: In Bayern wurden im Vorjahr 58,5 Prozent der Autodiebstähle aufgeklärt – in Hamburg waren es nur 10,3 Prozent. „Bei der Hamburger Kriminalpolizei hat der Kfz-Diebstahl seit Jahren keine Priorität mehr“, kritisiert Jan Reinecke, Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Es sei schlicht zu wenig Personal da: „Kfz-Diebe dürften den niedrigen Verfolgungsdruck durch die Hamburger Kriminalpolizei schätzen.“

Besonders stark von Diebstählen betroffen sind in Deutschland Besitzer von Geländewagen. Die Liste der bei Autodieben beliebtesten Modelle führt der Range Rover 3.0 TD an, gefolgt vom BMW X6 und dem Lexus RX350. In keinem anderen Bundesland waren die gestohlenen Autos so wertvoll wie in Hamburg. Im Schnitt zahlten die Kfz-Versicherer pro Diebstahl in der Hansestadt 21.600 Euro – fast zehn Prozent mehr als 2014 und 6000 Euro mehr als im Bundesschnitt. Der wirtschaftliche Schaden durch Autodiebstahl stieg in Hamburg von 18,6 Millionen Euro um 25 Prozent auf 23,3 Millionen Euro.

Als „erschreckend“ bezeichnet Carl Jarchow, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, die neuesten Zahlen. „Wir bewegen uns in Hamburg wieder auf die hohen Diebstahlszahlen der 90er-Jahre zu“, sagte Jarchow. Um die bandenmäßigen Strukturen beim Autodiebstahl zu sprengen, müsse dringend die Abteilung Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt gestärkt werden.

Seite 10 Autodiebe lieben Hamburg