Eine gute Diagnose als erster Schritt zur Genesung – Fachleute sprechen aber auch von Veranlagung

Wenn der Druck zu stark wird, legt er sich oft auch auf die Psyche. „Eine Depression tritt häufig als Folgeerkrankung eines Burn-outs auf“, sagt Psychiater Dr. Sönke Arlt vom Universitäts­klinikum Eppendorf (UKE). Auslöser können neben Stress im Job andere belastende Lebenssituationen sein, wie eine Scheidung, die Pflege eines Angehörigen oder der Verlust des Arbeitsplatzes. „Einige Menschen sind aber auch biologisch oder aufgrund von Erlebnissen in der Kindheit besonders disponiert“, erklärt Arlt.

Als Symptome lassen sich Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, ein reduziertes Selbstwertgefühl, tiefe Freudlosigkeit und Hoffnungslosigkeit beobachten. „Eine Depression ist extrem belastend und geht in nicht wenigen Fällen mit Suizidgedanken einher“, so Arlt. Spätestens dann gehe es nicht mehr ohne professionelle Unterstützung. Leider sei die Krankheit nach wie vor mit einem Stigma belastet, welches es vielen erschwert, sich einem Arzt anzuvertrauen. Ein Burn-out hingegen sei in unserer Gesellschaft eher akzeptiert, Betroffenen falle es so leichter, Hilfe zu suchen. „Der Burn-out fungiert häufig als Ausweichdiagnose“, sagt Professor Ulrich Hegerl, Vorstand der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Es sei jedoch wichtig, klar zwischen einer Depression und einem Burn-out zu differenzieren. Beides zu vermischen, führe auf einen falschen Weg. So befördere etwa langer Schlaf die depressive Erkrankung, wogegen Schlafentzug ein erprobtes Behandlungsverfahren darstelle. „Gefährlich kann ein Urlaub werden, denn der seelische Notstand wird in fremder Umgebung weit extremer empfunden“, warnt Hegerl.

Die Diagnose ist der erste Schritt zur Genesung. Inzwischen gibt es in Deutschland zahlreiche Initiativen wie die Stiftung Deutsche Depressionshilfe, die Betroffene und Angehörige unterstützen und aufklären. „Bei dauerhafter Erschöpfung und Verlust der Lebensfreude sollte man den Hausarzt, einen Nervenarzt oder Psychiater aufsuchen“, rät Hegerl. Je nach Stadium kann die Behandlung unterschiedlich aussehen. „Bei einer leichten depressiven Störung reicht oft eine ambulante Psychotherapie mit wöchentlichen Sitzungen aus“, sagt Arlt.

Im Schnitt erstreckt sich die Behandlung über gut ein Jahr

Je schwerer die Erkrankung, desto eher würden auch Antidepressiva eingesetzt. Im Schnitt erstrecke sich die Behandlung über gut ein Jahr, die ­genaue Dauer hänge jedoch immer vom Einzelfall ab. „Nach dem Erfassen der Situation werden ein Störungsmodell erarbeitet und die Ziele der Therapie ­abgesteckt“, erklärt Arlt. Tiefenpsychologische Verfahren setzen dann unter anderem an der Biografie an. Wer etwa als Kind nur für gute Schulnoten emotionale Aufmerksamkeit der Eltern erhalten hat, definiere sich unter Umständen später übermäßig über seine Leistung im Job. Eine Verhaltenstherapie blickt hingegen eher auf die aktuelle Situation und ­versucht etwa mit Proto­kollen herauszufinden, welche Aktivi­täten die Stimmung des Patienten ­aufhellen, um diese in den Alltag einzu­bauen. Zudem kann er in Rollenspielen üben, beispielsweise ausufernde Aufgaben vom Chef abzulehnen. Weitere Maßnahmen können unter anderem Bewegungs­therapie, Sozialberatung, Entspannungsverfahren oder die Wachtherapie sein.

„Eine Depression ist gut behandelbar und den meisten Menschen kann ­geholfen werden“, sagt Hegerl. Es bleibe aber die Veranlagung – und damit dann ein erhöhtes Risiko, später erneut in eine Depression zu rutschen.