Die Schädigung von Nerven und Gefäßen kündigt sich früh an – mit Kribbeln, Brennen und Stechen

Alle 15 Minuten verliert in Deutschland ein Mensch seinen Fuß – mindestens 40.000 Amputationen im Jahr geschehen in Folge einer Diabeteserkrankung. „Das diabetologische Fußsyndrom ist eine der häufigsten Folgen einer ­Diabetes-Erkrankung und der häufigste Grund für eine Amputation. Etwa 70 Prozent aller Amputationen in Deutschland werden bei Menschen mit Diabetes mellitus durchgeführt, dabei leiden nur etwa acht Prozent der Bevölkerung an dieser Krankheit“, sagt Professor Dr. Ralf Lobmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß in der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Wir könnten weniger amputieren, wenn wir rechtzeitig behandeln und die Patienten sich aktiv um ihre Gesundheit kümmern.“

Das diabetologische Fußsyndrom, kurz DFS, ist keine Späterkrankung. Vielmehr kündigt es sich früh mit Kribbeln, Brennen und Stechen, mit einem Verlust an Empfinden für Wärme, Kälte und Druck oder mit Durchblutungs­störungen an. Diese Symptome sind Begleiterscheinungen des Diabetes, doch nicht immer werden diese Warnzeichen richtig erkannt. Das Robert Koch-Institut in Berlin geht davon aus, dass zwei Prozent aller Erwachsenen einen unerkannten Diabetes haben.

Je länger ein Patient mit einem unerkannten und somit unbehandelten Diabetes lebt, je länger ein chronisch hoher Blutzuckerwert den gesamten Körper stresst, umso höher ist die Gefahr, dass Wundheilungsprozesse, Nervenfunktionen und Gefäßgesundheit nachhaltig beeinträchtigt werden. Die Wechselwirkungen zwischen den geschä­digten Nerven und den geschädigten Gefäßen bewirken, dass sich ein diabetologischer Fuß herausbildet. Es kommt zu Verletzungen am Fuß, die schwerwiegende Folgen haben können.

„Die späte Diagnose ist der eine Grund, dass wir so viele komplizierte Krankheitsverläufe sehen. Viele der Patienten mit schlecht heilenden chronischen Fußwunden kommen zu spät in spezialisierte Zentren. Wünschenswert wäre es, dass vier bis fünf Wochen, in denen eine Wunde nicht heilt, der Patient in eine Einrichtung überwiesen wird, die nach den Standards der DDG arbeitet, und in der er interdisziplinär versorgt wird“, sagt Prof. Lobmann.

In diesen spezialisierten Zentren gestaltet ein Expertenteam aus Diabe­tologen, Gefäßspezialisten, Chirurgen, Orthopäden, Podologen sowie Orthopädie-Schumacher und weitere Spezialisten die Therapie für jeden Patienten individuell und mit dem erklärten Ziel, eine Amputation zu vermeiden. Das zeitigt Erfolge. „Während in der Allgemeinversorgung bei etwa zehn bis 20 Prozent aller Patienten der Fuß oberhalb des Knöchels amputiert wird, werden in diesen spezialisierten Zentren im Schnitt nur bei 3,1 Prozent aller Patienten Amputationen nötig“, sagt Prof. Lobmann.

Meist verstreichen allerdings zehn bis zwölf Wochen, bevor die Patienten überhaupt eines der spezialisierten Zentren erreichen. In Hamburg sind mindestens 15 Zentren nach den Richt­linien des DDG zertifiziert, darunter zwei Kliniken (www.ag-fuss-ddg.de). Damit sei eine gute Versorgung gegeben, sagt der Experte.

Um das Risiko von Fußwunden zu mindern, sollten Patienten „auf ihre Füße hören“, rät Prof. Lobmann nachdrücklich. Täglich sollten sie die Füße gründlich inspizieren, die Haut so eincremen, dass diese elastisch bleibt. Sie sollten immer passendes Schuhwerk tragen und vor jedem Anziehen der Schuhe prüfen, ob Fremdkörper darin stecken, die Druckstellen und Wunden auslösen können. Die Nagelpflege sollten die Betroffenen möglichst einem Profi überlassen. Regelmäßige Fußgymnastik verbessert zudem die Beweglichkeit und die Durchblutung der Füße. Und natürlich müssen sie ihre Diabetes-Therapie konsequent umsetzen, damit der Blutzucker sie nicht stresst.

Informationen zur Vorsorge:http://www.hoerensieaufihrefuesse.de