Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.

Haider: Lieber Christoph, ich weiß nicht, ob es gut ist, dass sich die US- Medien auf Trump einschießen. Je mehr Dinge aus seinem Leben zutage gefördert werden, desto mehr könnte er in der Rolle des Märtyrers strahlen. Glaubst Du, dass eine Veröffentlichung seiner Steuererklärung etwas an seiner Popularität ändern würde?

Schwennicke: Die Weigerung, der Tradition zu folgen, hilft ihm sicher nicht. Klein beigeben würde er jetzt noch weniger. Ich habe von Anfang alle gefragt, die abgewinkt haben, als sein Name fiel: Wieso seid ihr euch so sicher, dass der sich zerlegt? Keiner hatte eine Antwort. War alles immer nur Wunschdenken. Und jetzt steht er fast vor der Tür, weil Hillary Clinton auch nicht über alle Zweifel erhaben ist.

Haider: Na ja, gegen Hillary Clinton würden mir deutlich weniger Argumente einfallen. Trump ist doch wahnsinnig, oder nicht? Und warum lieben ihn so viele Amerikaner so?

Schwennicke: Mit Attributen wie „wahnsinnig“ bin ich vorsichtig. Er mobilisiert erfolgreich gegen die Politikerdynastien in den USA und die „gekaufte Demokratie“ dort.

Haider: Wird er Präsident?

Schwennicke: Mein Tipp ist: Ja. Mein Wunsch ist es nicht. Aber, weißt du: Tsipras hat sich auch zurechtgewachsen im Amt.

Haider: Du meinst, im Weißen Haus wird aus Trump ein normaler Mensch? Das ist nach allem, was man liest, für mich nicht vorstellbar. Außerdem frage ich mich, wie nur eine einzige Frau diesen Chauvi wählen kann.

Schwennicke: Du, ich glaube, es gibt auch Frauen, die uns weichgeklopfte und gegenderte Männer gar nicht mehr sexy finden und sich nach dem Viech zurücksehnen.