Hamburg. Das Landgericht Hamburg wertet das Gedicht Böhmermanns grundsätzlich als Satire, verbietet jedoch weite Teile seiner „Schmähkritik“.

Das Landgericht Hamburg hat am Dienstag auf Antrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eine einstweilige Verfügung gegen den Fernsehmoderator Jan Böhmermann erlassen. Dabei ging es um Böhmermanns Äußerungen aus der Sendung „Neo Magazin Royale“ vom 31. März, in der er eine sogenannte „Schmähkritik“ gegen Erdoğan vorgetragen hatte.

Der Moderator darf demnach Teile des Gedichts nicht wiederholen. Im Fall einer Zuwiderhandlung drohen nach Angaben des Gerichts ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.

Böhmermann kommentierte die Entscheidung prompt in einem Facebook-Post:

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Gericht wertet Böhmermanns "Schmähkritik" grundsätzlich als Satire

Mit seiner Entscheidung vom Dienstag hat das Gericht dem Antrag von Erdoğan nun teilweise stattgegeben. Demnach darf der Moderator weite Teile des Gedichts nicht mehr äußern. Der Entscheidung liege eine Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zugrunde, teilte das Gericht in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Demnach wertet das Gericht die „Schmähkritik“ Böhmermanns zwar grundsätzlich als Satire, dennoch überschritten die fraglichen Zeilen durch „das Aufgreifen rassistisch einzuordnender Vorurteile und einer religiösen Verunglimpfung sowie angesichts der sexuellen Bezüge des Gedichts“ das vom Antragsteller hinzunehmende Maß, heißt es.

Einige wenige Passagen des Gedichts bleiben erlaubt

„In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handele bzw. die Menschenwürde angetastet werde.“ Diese Grenze sei nach Auffassung der Kammer durch bestimmte Passagen des Gedichts überschritten worden, die schmähend und ehrverletzend seien.

Das Gericht stellte indes auch klar, dass sich Erdoğan als Staatsoberhaupt selbst harsche Kritik an seiner Politik gefallen lassen müsse. Aussagen, die sich in satirischer Form mit Meinungsfreiheit in der Türkei beschäftigen, seien zulässig. Einige wenige Passagen des Gedichts wie „Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan der Präsident“ und „Er ist der Mann der Mädchen schlägt und dabei Gummimasken trägt“, bleiben demnach erlaubt.

Anwalt von Böhmermann hält Entscheidung für falsch

Der Anwalt des türkischen Staatspräsidenten, Michael von Sprenger, teilte dazu mit: „Das Gericht hat festgestellt, dass die Äußerungen im „Gedicht" zweifelsohne schmähend und ehrletzend sind und es sich nicht um eine Geschmacksfrage handelt.“

Der Anwalt Jan Böhmermanns, Christian Schertz, kommentierte die Entscheidung so: „Wir halten den Gerichtsbeschluss in der konkreten Form für falsch, wenngleich er insbesondere die Aussagen, die den Umgang von Erdogan mit der Meinungsfreiheit in der Türkei betreffen, für zulässig erachtet hat.“ Das Gericht gehe richtigerweise davon aus, dass es sich bei dem Gedicht um Kunst und eine Satire handle. Es mache dann aber den Fehler, bestimmte Aussagen solitär herauszugreifen und zu verbieten, die es als herabwürdigend empfinde. „Das geht im Bereich der Kunstfreiheit nicht.“

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist nicht rechtskräftig. So kann Böhmermann noch Widerspruch gegen die Unterlassungsverfügung einlegen. Neben dem Verfahren in Hamburg, läuft in Mainz ein Strafverfahren gegen den Moderator wegen des Verdachts auf Beleidigung.