Regisseur Luca Guadagnino hat mit dem erotischen Kriminaldrama „A Bigger Splash“ einen Klassiker neu verfilmt

    Es gibt Einladungen, die bereut man schon, wenn man sie ausspricht. Wie im Film „A Bigger Splash“. Ein Paar besitzt ein Landhaus auf einer verträumten Mittelmeerinsel, mit einem großen Pool, an dem man prima entspannen kann. Aber eines Tages kommt ein alter Bekannter vorbei, bringt auch noch eine Tochter mit, von der er selbst erst seit Kurzem weiß. Und sofort beginnt er die Ruhe zu stören und muss immerzu im Mittelpunkt stehen. Wobei er penetrant betont, dass es hier keine Hotelzimmer gibt. Die Frau fragt dann, warum sie nicht bei ihnen wohnen wollen. Man ahnt bereits, dass das nicht gut gehen wird.

    Man ahnt es nicht nur, man weiß es ja auch. Denn „A Bigger Splash“ ist das Remake des Klassikers „Der Swimmingpool“. Und Jacques Derays Sommerdrama aus dem Jahr 1969 ist noch immer in guter Erinnerung, vor allem wegen der Besetzung. Spielten hier doch Romy Schneider und Alain Delon, lange nach ihrer Trennung, noch einmal ein Paar.

    Diesmal spielt Tilda Swinton die Romy-Rolle, und der Belgier Matthias Schoenaerts muss sich den Vergleich mit Delon gefallen lassen. Eine immense Fallhöhe. Damals kam Maurice Ronet zu Besuch und brachte die blutjunge Jane Birkin mit, diesmal ist es Ralph Fiennes, der einer ganzen Generation nur noch als Lord Voldemort bekannt sein dürfte, mit Dakota Johnson, die man aus dem Sexfilmchen „50 Shades Of Grey“ kennt.

    Tilda Swintons Marianne ist eine Rockröhre, die Stadien füllt

    Der Titel zielt jetzt nicht mehr direkt auf den Pool, sondern um die Ecke. „A Bigger Splash“, so heißt ein Gemälde von David Hockney. „A Bigger Splash“: Das klingt aber auch wie ein Versprechen auf etwas noch Größeres, Besseres.

    Das gelingt Regisseur Luca Guadagnino auf zweifache Weise. Die erste ist, dass er seine Figuren in der Pop-Indus­trie ansiedelt. Das intime Drama von einst wird damit öffentlicher. Tilda Swintons Marianne ist eine Rockröhre, die mit schwarzer Perücke und schwarzer Lederkluft Rockstadien füllt. Fiennes ist ihr ehemaliger Musikproduzent Harry, mit dem sie auch mal was hatte, bis er sie, was er in seinem eitlen Zynismus als Geschenk versteht, an seinen Freund Paul, einen Dokumentarfilmer „abgegeben“ hat. Jetzt will Harry Marianne allerdings wieder zurück haben. Und die junge Tochter Penelope, wenn sie denn wirklich seine ist, kommt da nicht ungelegen, wenn sie Paul recht unverhohlen Avancen macht.

    Dass Harry und Marianne längst Welten trennen, wird durch einen zusätzlichen Kunstgriff unterstrichen. Harry redet pausenlos und schwelgt in Erinnerungen an erfolgreiche Tage, womit er verdrängt, dass die schon ein bisschen her sind. Marianne muss sich dagegen von einer Kehlkopfoperation erholen, die ihr verbietet, zu sprechen.

    „A Bigger Splash“ hat zwar keinen Schneider-Delon-Coup zu bieten. Aber es ist doch höchst unterhaltsam, wie hier zwei Stars gegen den Strich besetzt sind. Fiennes, der auf seine alten Tage noch als großer Komödiant überrascht. Und Swinton, die zum Flüstern und Stillsein verdonnert wird. In der Hitze entlädt sich das Spannungsgeflecht von neuen und alten Gefühlen, von Eifersucht und Fremdbegehren. Bis es zur großen Auseinandersetzung am Pool kommt.

    Dann aber macht der Film noch mal einen ganz anderen Dreh. Weil er nun mit der aktuellen Flüchtlingskrise kombiniert wird. Einmal sieht man, etwas aufdringlich ins Bild gerückt, Bilder von Flüchtlingen, die auf die Insel kommen. Später stehen Paul und Penelope an einem einsamen Ort plötzlich vor ein paar Schwarzafrikanern, ein kurzer bedrohlicher Moment, bis die Fremden die Flucht ergreifen, weil sie viel mehr Angst haben – als illegale Einwanderer entdeckt zu werden.

    Die Flüchtlingskrise macht aus dem Ferienidyll einen sozialen Brennpunkt

    Und je mehr sich die Aggressionen innerhalb der vier Protagonisten aufstauen und ihre Lebenslügen aufschimmern, desto deutlicher wird ins Bild gebracht, wie die Flüchtlingskrise die italienische Insel vor Tunesien verändert und aus dem einstigen Ferienidyll einen sozialen Brennpunkt macht. Sodass die Probleme auch noch so berühmter Promis auf der Insel gar nicht mehr so wichtig sind.

    „A Bigger Splash“ F/I u.a. 2015,
    125 Min., ab 12 J., R: Luca Guadagnino,
    D: Tilda Swinton, Ralph Fiennes,
    Matthias Schoenaerts, Dakota Johnson,
    täglich im Abaton, Holi, Studio, UCI Mundsburg; www.a-bigger-splash.de