Der Dokumentarfilm „Eva Hesse“ geht auf Spurensuche

„In diesem Haus lebte Eva Hesse vom 11. Januar 1936 bis Sommer 1937.“ Eine kleine Tafel vor dem Gebäude Ise­straße 98 erinnert seit Kurzem an die in Hamburg geborene Künstlerin, die mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen konnte und als stilbildende, engagierte Frau in den 60er-Jahren großen Einfluss auf die New Yorker Kunstszene hatte. Bis zu zehn Millionen US-Dollar kosten ihre Werke heute. Sie malte, experimentierte erfolgreich für ihre Skulpturen mit Glasfaser, Polyester, Latex. Und regte sich fürchterlich darüber auf, dass Männer für ihre Kunst besser bezahlt wurden als Frauen.

Ihr nicht ganz einfaches Leben, ihr progressives Schaffen können Kunstinteressierte jetzt in dem Dokumentarfilm „Eva Hesse“ kennenlernen. Er entstand vor zwei Jahren anlässlich der Ausstellung „Eva Hesse – One More Than One“ in der Hamburger Kunsthalle. Dass Eva Hesse und ihre Regisseurin Marcie Begleiter, 1954 in New York geboren, eine ähnliche Biografie haben – beide haben deutsch-jüdische Wurzeln, beide mussten sich in einer Männerdomäne durchsetzen –, gibt dem Film eine ganz persönliche Note. Die Filmemacherin hat mit Evas Schwester Helen gesprochen, sie traf Tom Doyle, der mit Eva Hesse verheiratet war, und sie brachte Künstlerinnen und Künstler vor die Kamera, die sich lebhaft an die damalige Kunstepoche und ihre Freundin Eva erinnern.

Außen vor bleibt leider die Frage, welchen Einfluss auf die Kunstszene die Arbeiten Eva Hesses noch heute haben. Die Vertreterin der Prozesskunst und der Arte Povera starb mit nur 34 Jahren 1970 an einem Hirntumor. (kaf)

„Eva Hesse“ D 2015, 105 Min., o. A., R: Marci Begleiter, täglich im Abaton, Studio-Kino