Hamburg. Anwohner in Klein Borstel siegen vor dem Verwaltungsgericht. Entscheidung kann auch andere Flächen betreffen

Diese Entscheidung kann weitreichende Folgen für den Bau von Flüchtlingswohnungen haben: Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Bau der Flüchtlingsunterbringung Klein Borstel (Ohlsdorf) gestoppt. Damit haben die Richter einem Eilantrag einiger Anwohner stattgegeben, der sich gegen die Baugenehmigung der Baubehörde für die Errichtung der Unterkunft für 700 Flüchtlinge richtet.

Die Entscheidung ist deshalb von so großer Bedeutung, weil es die bundesweit erste ist, die sich mit dem neu geschaffenen Baurecht befasst. Dieses war im vergangenen Herbst im Zuge des sogenannten Asyl-Beschleunigungsgesetzes in Kraft getreten. Es sieht vor, dass Wohnungsbau für Flüchtlinge auch auf Flächen genehmigt werden kann, wo es nach geltendem Baurecht nicht möglich wäre.

Im konkreten Fall sah das Baurecht vor, die Fläche in Klein Borstel nur als Anzuchtgarten für den angrenzenden Ohlsdorfer Friedhof zu nutzen. Die Stadt Hamburg versuchte, diese Bestimmung zunächst mithilfe des Polizeirechts und dann mit dem neuen Bundesrecht zu umgehen, um das Flüchtlingsdorf doch bauen zu können.

Diesem Vorhaben haben die Verwaltungsrichter nun vorläufig einen Riegel vorgeschoben. Sie argumentieren, dass die Stadt es unterlassen habe, alternative Flächen zu prüfen, auf denen sie das Baurecht weniger einschränken müsste als in Klein Borstel. „Wir fordern den Senat auf, jetzt in ernsthaften Gesprächen mit uns nach gebietsverträglichen Lösungen zu suchen“, sagte Olaf Peter, Vorsitzender des Vereins Lebenswertes Klein Bors­tel. Die Initiative hält die Dimensionen der Unterkunft angesichts der rund 800 Bewohner zählenden und nur 30 Meter entfernten Einzel- und Reihenhaussiedlung für zu groß. Gero Tuttlewski, Anwalt der Initiative, hält die Entscheidung auf alle weiteren ähnlichen Flächen für übertragbar.

Die Stadt Hamburg kündigte an, gegen die Entscheidung vorzugehen. „Das Verwaltungsgericht hat die Änderungen des Baugesetzbuches so eng ausgelegt, dass die Regelung des Baugesetzbuches quasi ins Leere läuft. Deshalb sind wir auf eine Klärung durch das Oberverwaltungsgericht angewiesen“, sagte Kerstin Graupner, Sprecherin des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge. Das Oberverwaltungsgericht will sich in einem Eilverfahren mit dem Vorgang beschäftigen. Bis zu einer Entscheidung bleibt der Baustopp bestehen. Das kann etwa zwei Monate dauern. Aber auch diese Entscheidung wäre nicht endgültig. Es dürfte sich ein jahrelanger Prozess im Hauptsacheverfahren anschließen.

In einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat die Stadt dagegen gewonnen. Sie darf am Gleisdreieck in Bergedorf eine Flüchtlingsunterkunft erst einmal weiterbauen.

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