Man muss es nicht immer mit Blumen sagen: In Neumünster feiern vier Pastoren einen Gottesdienst und tragen ihre liebsten Liebesgedichte vor

Edgar S. Hasse

Der Valentinstag treibt in diesem Jahr neue Blüten. Sie werden zwar verwelken, aber eines ist sicher: Valentin wird Wurzeln schlagen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da entdeckten umsatzfreudige Floristen diesen Tag. Später eroberte er die Süßwarenindustrie. Und nun sogar die Gotteshäuser in Norddeutschland. Mit himmlischem Segen feiern an diesem Sonntag, dem Valentinstag, vier Pastoren in Neumünster einen Gottesdienst. Vor hoffentlich verliebten Leuten wollen die Geistlichen ihr liebstes Liebesgedicht vortragen. Darauf haben schon alle gewartet. Für die Gottesdienstbesucher hat das freilich den Vorteil, ausnahmsweise auf die Hörfunksendung „Am Morgen vorgelesen“ zu verzichten und sozusagen live Lyrisches von der Liebe zu hören. Naturgemäß gilt gerade die Kirche als Hort der Liebe, zumal dort eine Schale auf einem Stein bereitsteht, wo neun Monate später der Nachwuchs getauft werden kann.

Auch andernorts breitet sich der Valentinstag aus: So können sich Paare im Hamburger Michel am Sonntag segnen lassen. Außerdem servieren Restaurants raffinierte Valentinstagsmenüs. Schließlich geht Liebe durch den Magen. Und wer will, kann danach in einem Hotel übernachten.

Doch Achtung, wir werden gerade Zeuge eines kulturellen Wandels! Mit Halloween fing alles auch ganz harmlos an. Aber seit einigen Jahren ist der 31. Oktober zum wichtigsten Gruseltag des ganzen Jahres geworden. Vom Reformationstag reden am 31. Oktober nur noch wenige.

Eine ähnliche Karriere dürfte womöglich auch der Gedenktag für den heiligen Valentin machen: Aus dem zarten Pflänzchen wächst ein Baum, der jedes Jahr am 14. Februar im Wohnzimmer aufgestellt wird. Nach dem Besuch des Valentinsgottesdienstes in Neumünster versammeln sich die Verliebten mit all ihren Lieben unterm Valentinsbaum, um bei Valentinsliedern die Valentinsgans zu verspeisen. Am Baum hängen Liebesschlösser und kein Lametta mehr. Fehlt nur noch der Weihnachtsmann, der statt roter Mütze eine Glockenblume trägt.