Retrolook oder Klassiker, die Einrichtungsmesse hat neue Entwicklungen vorgestellt. Mobilität ist ein wichtiger Faktor beim Design

Für Einrichtungsexperten ist die internationale Möbelmesse in Köln ein fester Termin: Alljährlich werden dort zu Beginn des Jahres die neuesten Möbelentwürfe, Wohnkonzepte und Materialinnovationen vorgestellt, aber auch die Klassiker oder Altbewährtes in neuen Farben stehen immer wieder auf dem Prüfstand. Dabei ist die Einrichtungsbranche längst nicht so schnell­lebig wie die Modewelt. Sie spiegelt uns vielmehr gesellschaftliche Entwicklungen, die sich auf unsere Lebensgewohnheiten auswirken und damit unseren Konsum beeinflussen. Häufig sind die gezeigten Produkte Weiterentwicklungen von Bewährtem.

Eindrucksvoll zu sehen auf der diesjährigen Möbelmesse beispielsweise war die Vielzahl von Glasleuchten mit sichtbaren Leuchtmitteln. Das Verbot der Glühlampe hat Designer zu außergewöhnlichen Entwürfen von Leuchtmitteln inspiriert. Wurde früher die Glühlampe versteckt, fungiert sie jetzt als wichtiges Gestaltungsmittel einer Leuchte. „Auch in der Materialwahl der Leuchten zeigt es sich, dass wir es mit einer jungen Designergeneration zu tun haben. Rauchglas, das die ältere Generation aus den 70er-Jahren kennt, erlebt bei den Leuchten ein Revival und wird sehr modern interpretiert“, erklärt Innenarchitekt Hans-Jürgen Marx vom Hamburger Einrichtungshaus M04.

Ein Dauerbrenner, auch das zeigte die Messe, sind die Möbelklassiker wie etwa die ersten seriell hergestellten Kunststoffstühle des Designerehepaares Charles und Ray Eames. Der Entwurf der 50er-Jahre wird mittlerweile mit unterschiedlichen Untergestellen und in vielen Farben angeboten. Aber auch einige Stahlrohrstühle der Firma Thonet, die vor knapp 100 Jahren von den Designern Mart Stam, Marcel Breuer und Mies van der Rohe am Bauhaus entwickelt wurden, sind so gefragt, dass der Hersteller die Stühle seit diesem Jahr unter dem Label „Thonet All Seasons“ als Outdoor-Version fertigt.

Konnte man früher noch eindeutige Wohntrends ausmachen, zeigt sich die stärker gelebte Individualität auch in dem Nebeneinander unterschiedlicher Farbwelten. Dennoch bringen gewisse gesellschaftliche Entwicklungen spezifische Farben hervor. Dieses Wissen macht sich das Global Aesthetic Center des Farbenherstellers AkzoNobel mit der Marke Dulux zunutze. Ein Mal im Jahr treffen sich internationale Experten aus Wirtschaft, Design, Mode und Psychologie, um zu diskutieren, welche Einflüsse die Welt bewegen und welche Trends daraus entstehen könnten. Gemeinsam mit ihrem Team setzt die Leiterin des firmeneigenen Farbateliers, Christine Gottwald, diese Erkenntnisse in Farbwelten um. „Jedes Jahr aufs Neue von nur einem klaren, neuen Trend zu sprechen, halte ich für schwierig. Vielmehr gehen wir mehr von einer Bewegung aus, die sich in den Farbwelten spiegelt“, erklärt Gottwald.

Zur Farbe des Jahres 2016 kürten die Experten Goldocker. Zum einen ist der Farbton strahlend genug, um Aufmerksamkeit zu erwecken, zum anderen lässt es sich gut mit anderen Farben wie beispielsweise Petrol kombinieren. Natürlich wird das Wohnen auch von Neu- aber vor allem von Weiterentwicklungen bereits vorhandener Materialien beeinflusst. Hinzu kommt die zunehmende Mobilität, die unkompliziert und unanstrengend gelebt werden möchte.

Mit diesem Ansatz hat der italienische Hersteller Contardi eine Leuchtenkollektion entwickelt, die totale Mobilität bei höchsten Designansprüchen ermöglicht. Die zierliche Tischleuchte „Ongo“, die in unterschiedlichen Metalloberflächen, aber auch in handgeblasenem Muranoglas angeboten wird, wandert überall hin mit. Das LED-Leuchtmittel wird über eine Batterie betrieben und leuchtet in unterschiedlichen Intensitäten. Der italienische Hersteller Kartell – mit Geschäft im Hamburger Stilwerk – erinnert mit seiner farbigen Akkuleuchte aus Kunststoff an die klassischen Kristallleuchten alter Zeiten. Sie wird an der Steckdose aufgeladen und leuchtet bis zu acht Stunden. Ideal für Balkon oder Garten, aber auch als Picknickbegleiter eine praktische Leuchte.

Ebenso mobil, allerdings als Stehleuchte zum Anlehnen an die Wand, ist die Luctra Flex Leuchte der Firma Durable. Sie hat anlässlich der Kölner Möbelmesse bereits den begehrten Iconic Award Interior Innovation 2016 gewonnen. Die Leuchte wird an der Steckdose aufgeladen und beleuchtet dann unabhängig von einem Anschluss jede Wohnszene oder bietet dem Bewohner zum Beispiel an jeder Stelle im Garten ausreichend Licht.

Auch der zunehmende Wunsch der Bevölkerung urban, aber trotzdem im Grünen zu wohnen, zeigt sich auf der Messe und wirkt sich auf die Gestaltung der Zimmerwände aus. Da diese Kombination Stadt mit Garten schwer zu realisieren ist, ziehen wieder zunehmend Pflanzen in die bundesdeutschen Haushalte ein. Doch mit der Yucca­palme in der Ecke oder dem Alpenveilchen am Fenster hat der Trend nichts zu tun. Pflanzen werden direkt in Möbel integriert, finden als grüne Bilder ihren Platz an der Wand oder begrünen maßgeschneidert ganze Wände. Die Hamburger Firma Greenbop hat sich dem Urban Gardening verschrieben und konserviert durch ein spezielles Verfahren Pflanzen, die dauerhaft haltbar sind und ohne Licht und Wasser auskommen. Neues wohnen mit Augenzwinkern.