Sie hätte auch viel zu erzählen, wenn sie „nur“ 80 geworden wäre. Aber Lydia Smuda wird heute 109 Jahre alt – und hat damit eine Epoche miterlebt, in der sich die Menschheit so rasant veränderte wie niemals zuvor: von der Kaiserzeit unter Wilhelm II. und zwei Weltkriegen bis zur Wiedervereinigung und der Smartphone-Revolution. Eine Zeugin des Jahrhunderts.

Doch auch ganz privat war bei der in Remscheid geborenen Tochter eines Werkzeugfabrikanten viel los. Im Krieg wehrte sie einen zudringlichen Nazi­general ab und wäre deshalb fast im KZ gelandet. Sie arbeitete als Hauslehrerin erst bei einer Grafenfamilie in Wolfsburg und nahm 1944 eine Stelle auf einem Rittergut in Hinterpommern an. Auf dem Weg dorthin verpasste sie abends in Hamburg den Zug. „Man empfahl mir das Atlantic“, erinnert sie sich. Erst am nächsten Tag merkte sie, dass für das Bett ihr ganzes Erspartes, 70 Mark, für die Bezahlung draufging.

1943 lernte sie ihren Mann Reinhold kennen, der später Chefkoch im Ratsweinkeller wurde. Seit seinem Tod 1968 lebt sie allein. Unternehmungslustig ist sie geblieben. Ihren zehnten dreistelligen Geburtstag feiert sie heute mit Freunden an der Elbe. (fru)

Seite15 Mit 109 hat man noch Träume