Hamburg. Zustrom zwingt Stadt zu größeren Siedlungen. Mehr Geld für ehrenamtliche Helfer. Senator entschuldigt sich bei Anwohnern

ANDREAS DEY

Der Senat bereitet sich auf die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften in bislang unerreichter Größe vor. Bereits kommende Woche sollen mögliche Flächen für neue Containeranlagen der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) besichtigt werden. „Wir suchen mehrere Standorte für Erstaufnahmen mit jeweils 2000 bis 3000 Plätzen. Was das Grundrecht auf Asyl angeht, gibt das Grundgesetz keine Grenze vor“, sagte Innensenator Michael Neumann (SPD) dem Abendblatt.

Am Wochenende registrierten die Behörden innerhalb von 30 Stunden mehr als 380 neue Asylbewerber in Hamburg – mehr als doppelt so viele Ankömmlinge pro Tag wie noch vor zwei Wochen. Inzwischen könne nicht mehr von einem vorübergehenden Anstieg gesprochen werden, sagte Neumann: „Ich fürchte, wir haben es mit einem sich stabilisierenden Trend zu tun.“ Verschärfend wirke, dass nahezu alle Erstaufnahmen in umliegenden Bundesländern wegen Krankheitsfällen geschlossen seien. „Normalerweise bleibt ungefähr ein Drittel der Flüchtlinge länger als ein paar Tage, derzeit oft die volle Anzahl“, sagte Neumann.

Wie berichtet, mussten am Moorpark in Jenfeld am Donnerstag und Freitag unter Protest von Anwohnern bereits Notzelte für 800 Flüchtlinge errichtet werden. Auch weitere Zeltlager schloss Neumann nicht aus. „Wenn sich das Wetter abkühlt, wollen wir aber mindestens die Unterbringung in Containern gewährleisten.“ Dieses Ziel setze große Anstrengungen voraus.

Die Bezirke sind erneut aufgefordert, Standorte für Erstaufnahmen vorzuschlagen. Dem Senat schwebt die Nutzung von brach liegenden Gewerbeflächen und Landwirtschaftsgebieten vor. Innerhalb weniger Wochen könnte die Gesamtkapazität von 7500 auf mehr als 10.000 Plätze steigen. In den Bezirken wächst aber der Unmut über die Verteilung der Plätze in Hamburg. Innensenator Neumann zeigte Verständnis, „dass angesichts der großen Belastung eine Unwucht empfunden wird“. Nach Abendblatt-Informationen gibt es im Senat das Bestreben, dass jeder Bezirk – wenn noch nicht vorhanden – jeweils eine Erstaufnahme mit großer Kapazität bekommen soll. Bei einer SPD-Klausurtagung am Wochenende unterstützen Partei und Fraktion das Senatsvorhaben, die Rückführungsabteilung der Ausländerbehörde von zehn auf 30 Mitarbeiter zu verdreifachen. Außerdem solle die finanzielle Unterstützung für ehrenamtliche Helfer in Flüchtlingsunterkünften von rund 400.000 Euro im Jahr um rund eine Million aufgestockt werden.

Anders als bei der Einrichtung in Jenfeld sollen Anwohner vorzeitig informiert werden. „Ich kann nachvollziehen, dass sich die Bürger überfahren fühlten“, sagte Neumann zu den Protesten. „Das tut mir aufrichtig leid.“

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