Wenn ich an die 60er-Jahre denke, dann fällt mir ein Amerika ein, das vor Selbstbewusstsein nicht einmal strotzen musste. New York City, „the Big Apple“, war die Hauptstadt der Welt, auch kulturell, auch trotz Hollywood, und an der Madison Avenue saßen all die gut gebügelten, geschniegelten, gekämmten Bürohengste mit glatt polierten Schuhen und gut sitzender Krawatte über einem garantiert faltenfreien Hemd und tranken zum Mittagessen ihren ersten Cocktail, meist einen trockenen Martini, denn sie waren ja harte Männer mit harten Kinnladen und einem blitzenden Gebiss. Im Lift zogen die Männer den Hut vor den Damen und guckten völlig unverblümt auf deren Brüste, die man „Atombusen“ nennen durfte. Die Frauen waren Sekretärinnen, selbstbewusst, und mussten sich nicht mehr nur hochschlafen. Allmählich machten sie auch beruflich allein Karriere.

Der ideale Frauentyp allerdings war die Pan-Am-Stewardess. Pan Am, das war das Frank-Sinatra-Lied „Come fly with me“, Reisen in die große weite Welt. Stewardess, das war damals noch ein Traumberuf. Damals trank man auch im Flugzeug noch „Bloody Mary“, Tomatensaft mit Gin oder Wodka, je nach Geschmack. 2007 begann die Serie „Mad Men“, was nicht etwa heißt, die Männer seien verrückt, sondern dass das Zentrum der Werbung in der Madison Avenue lag, und in dieser Welt wurde zum Beispiel das Signum der Pan Am entworfen, Flügel, die einen hellblauen Atlas mit der weltumspannenden Inschrift „Pan Am“ trugen. Die Stewardessen hatten Pillenhauben und Schalenkoffer, hellblaue Kostüme, Seidenstrümpfe, und man dachte, wenn sie zum Flugzeug stöckelten, dass sie dort den nächsten Millionär treffen und danach heiraten würden.

Das Schöne an der „Mad Men“-Serie mit ihrem unwiderstehlichen Don Draper (gespielt von Jon Hamm): Sie verherrlicht diese schönste und selbstbewussteste Zeit Amerikas nicht, sondern sie zeigt, wie sie, wie alles Schöne, dazu verdammt ist, in Schönheit unterzugehen. Bald. Man säuft nicht ungestraft im Büro und nach dem Büro herum, man raucht nicht ungestraft wie ein Schlot, auch wenn es noch so elegant aussieht. Und man betrügt seine Frau auch nicht ungestraft mit der Nachbarin im nächsten Vorgarten.

„Mad Men“ hat noch eine weitere kulturelle Wendefunktion. Die Serie mit sieben Staffeln von Matthew Weiner gehört zu den Serien, die Hollywoods Kino durch das Fernsehen ablösten. Durch Serien wie „Die Sopranos“, die nostalgisch von der Ordnungsmacht der italienischen Mafia handelten, von „Sex in the City“, wo junge New Yorkerinnen die Sexualität selbst in den Griff bekamen, oder „Desperate Housewives“, bei denen sich zeigte, welche Verwicklungen und Auswüchse das ach so schöne Vorstadtleben produzieren konnte.

Wie gesagt, man merkt, dass man alt ist, wenn man sich inzwischen auch von „Mad Men“ verabschieden muss, das damals schon unwiderstehlichen Retro-Charme hatte. Es war vor dem Computer-Zeitalter, die Frauen saßen noch an der IBM, von der es einmal in der Serie heißt, Männer hätten das Gerät so einfach konstruiert, dass auch Frauen es bedienen könnten.

So war das!