Seyne-les-Alpes. Absturzursache unklar. Piloten sehen Bruch einer Cockpitscheibe als eine Möglichkeit. Stimmrekorder wird ausgewertet

Beim Absturz der Passagiermaschine der Lufthansa-Tochter Germanwings in den südfranzösischen Alpen sind nach neuesten Informationen 72 Deutsche ums Leben gekommen, fünf mehr als bisher angenommen. Das bestätigte Unternehmenschef Thomas Winkelmann. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und Frankreichs Präsident François Hollande trafen am Mittwoch in Seyne­-les-Alpes nahe der Unglücksstelle ein und gedachten der 150 Toten.

Merkel schrieb in ein Kondolenzbuch: „In großer Betroffenheit mit den Familien und mit herzlichem Dank für die Freundschaft der Menschen in der Region und in Frankreich.“ Auch Hollande brachte seine „Unterstützung“ für die Familien der Opfer zum Ausdruck. Er hatte mit Merkel und der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Absturzstelle überflogen und den Einsatzkräften gedankt. Weiter rätselhaft ist die Ursache des Airbus-Absturzes. Eine von Piloten diskutierte Theorie ist der Bruch einer Cockpitscheibe und ein dadurch ausgelöster plötzlicher Druckabfall. Einen Terroranschlag schlossen Politiker aus Frankreich und Deutschland weitgehend aus.

Der sichergestellte, aber schwer beschädigte Stimmrekorder mit den Aufzeichnungen aus dem Cockpit wurde von französischen Ermittlern mittlerweile geöffnet. Sie würden sich zunächst auf die „menschlichen Stimmen, die Gespräche“ konzentrieren und dann auf die Geräusche im Cockpit, sagte der französische Staatssekretär für Verkehr, Alain Vidalies.

Die Opfer kamen aus mindestens 18 Nationen, wie aus einer Liste von Germanwings hervorgeht. Die doppelte Staatsbürgerschaft einiger Passagiere sorgte zum Teil für unterschiedliche Angaben. So gab Germanwings die Zahl der tödlich verunglückten Spanier mit 35 an, spanische Behörden meldeten aufgrund der mit Angehörigen abgestimmten Passagierliste 49 Tote.

Spanien schickte sechs Psychologen nach Seyne-les-Alpes und fünf nach Marseille als Beistand für die Hinterbliebenen. Angehörige von Opfern trafen in Seyne-les-Alpes ein. Die Lufthansa stellte dafür zwei Maschinen bereit. Bürgermeister Francis Hermitte sagte, die Anwohner des Ortes, in dem es kaum touristische Infrastruktur gibt, wollten Ankommenden Unterkunft und Verpflegung bieten.

Die umgekommenen 16 Schüler aus Haltern sind für ihre Reise ausgelost worden, weil es mehr Interessenten für den Schüleraustausch gab als Plätze an der Austauschschule in Spanien, sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung in Münster. Deshalb sei vom Fachbereich Spanisch unter Federführung einer der beiden ebenfalls bei dem Absturz getöteten Lehrerinnen eine Verlosung vorgenommen worden. Ein oder zwei der 16 getöteten Schüler bekamen erst im Nachhinein die Zusage, weil andere abgesagt hatten.

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