Zu Auschwitz-Gedenken/Putin

Dass Polen und Russland selbst über den Gräbern von sechs Millionen ermordeten Juden nicht ihren Streit über die Ukraine ruhen lassen wollten, nicht mal für den gestrigen Tag, dass der sich unerwünscht fühlende Präsident Putin dem Holocaust-Gedenken in Auschwitz schließlich fernblieb, so wie er schon der Terror-Trauerfeier in Paris ferngeblieben war – das alles stimmt sorgenvoll. So wird der Riss, der den Kontinent trennt, von Tag zu Tag mehr zu einem unüberwindlichen Graben. Die gemeinsame Erinnerung an Auschwitz steht für Versöhnung in Europa, für Menschlichkeit und Toleranz. Die Politik des Fernbleibens signalisiert Unversöhnlichkeit im Angesicht eines neues Krieges. Hat Europa seine Lehren schon 70 Jahre danach wieder vergessen? Münchner Merkur

Gedenktage, so sagte Gauck, führten eine Gesellschaft zusammen in der Reflexion über die gemeinsame Geschichte. Diese Reflexion muss, wie die vielen Debatten über die deutschen Vergangenheiten zeigten, nicht immer zu mehr Gemeinsamkeit führen. Das ist in offenen Gesellschaften weder möglich noch erforderlich. Notwendig aber ist ein Grundkonsens über die obersten Werte eines Gemeinwesens. Im Zentrum der Wertordnung des Grundgesetzes steht die Menschenwürde. Wer begreifen will, warum sie der höchste Rechtswert des Grundgesetzes ist, was dieser Begriff bedeutet und welche Verpflichtungen mit ihm verbunden sind, muss sich mit der Vergangenheit befassen. Mit Auschwitz, aber auch mit der Aufklärung. In Integrationskursen sollten beide Kapitel nicht fehlen. Frankfurter Allgemeine