Sehr geehrte Frau Bürgerschaftspräsidentin,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrter Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB),

meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser des Hamburger Abendblatts,

es ist wieder Zeit für eine kleine Geschichte. Diesmal soll es um den Mann gehen, neben dem meine Familie und ich seit mehr als einem halben Jahr wohnen. Ja, ich will Ihnen etwas über unseren Nachbarn erzählen – ein Typ mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Den ersten Kontakt hatten wir, als der Hamburger SV vor den Relegationsspielen gegen Fürth stand. Ich traf den Nachbarn im Garten und wir sprachen natürlich über Fußball. „Ich habe heute Nacht von den beiden Spielen geträumt“, sagte der Nachbar zu mir. „Du musst Dir keine Sorgen machen. Zuhause spielt der HSV 0:0, in Fürth 1:1.“ Sie erinnern sich: Genauso war’s.

Wochen später: Gespräch Nummer zwei kurz vor dem WM-Finale. Der Nachbar brachte den Müll raus. „Na, schon aufgeregt?“, frage ich. „Ich habe es wieder geträumt“, sagte der Nachbar. „Was?“, fragte ich. Und er sagte nur ein Wort: „Götze.“ Unheimlich, oder?

Als ich nun begann, mich auf diesen Neujahrsempfang vorzubereiten, ging ich zum Nachbarn hinüber und fragte, ob er sich im Schlaf nicht mal Gedanken darüber machen könnte, wer in Hamburg nach der Bürgerschaftswahl die Macht hat... Es vergingen einige quälend lange Tage bis er an unserer Tür klingelte. „Und?“, fragte ich. „Tja, ich habe bestimmt fünf Nächte von der Bürgerschaftswahl und von Hamburgs Zukunft geträumt.“, sagte er. „Schön“, sagte ich ungeduldig. „Und wer hat nun künftig in Hamburg das Sagen?“ „Das ist ja das Problem“, sagte mein Nachbar. „Der Einzige, an den ich mich erinnern kann, ist Klaus-Michael Kühne.“

Lachen Sie nicht, meine Damen und Herren, so weit ist mein weiser Nachbar mit seiner Prophezeihung gar nicht von der Wahrheit entfernt. Denn zumindest bei drei großen Hamburger Baustellen – dem HSV, Hapag-Lloyd und dem neuen Luxushotel an der Alster – hängt viel bis alles von Herrn Kühne ab.

Und um Baustellen soll es bei diesem Neujahrsempfang gehen. Warum? Weil Hamburg derzeit eine einzige Baustelle ist. Ich meine das jetzt gar nicht negativ..., also im Sinn des Busbeschleunigungsprogrammes – wobei der Senat es schon geschickt hinbekommen hat, dass davon so kurz vor der Wahl kaum noch etwas auf den Straßen zu sehen ist.

Ausgerechnet jener Senat, der immer so tat, als würde er einfach nur ordentlich regieren, hat uns in Wahrheit gewaltige Baustellen hinterlassen: Die Bewerbung um Olympische Sommerspiele, die Überdeckelung von Teilen der A7, den möglichen Neubau der U5, die Neue Mitte Altona, das Wohnungsbauprogramm - gerade im Osten. Dazu kommen in den nächsten fünf Jahren die Vollendung der Elbphilharmonie, hoffentlich die Vertiefung der Elbe, der Sprung über dieselbe, die Verstaatlichung der Energienetze. Sie kennen das alles aus dem Hamburger Abendblatt.

Dass trotzdem immer noch einige selbsternannte Experten und Politiker Helmut Schmidts Zitat von Hamburg als „schlafende Schöne“ im Mund führen, kann ich nicht verstehen. Ich kann es nicht mehr hören. Die Schöne ist nämlich längst aufgewacht, und wir müssen jetzt dafür sorgen, dass das außerhalb Deutschlands auch mal jemand merkt.

2015 ist das ideale Jahr dafür: Die Stadt steht vor großen Herausforderungen, vor einer Legislaturperiode, die Hamburg so oder so verändern und prägen wird.

Deshalb ist die Bürgerschaftswahl, die viele für wenig spannend halten, so wichtig. Deshalb sollten möglichst viele wählen gehen. Denn es wird einen Unterschied machen, wer reagiert - ob einer allein oder zwei zusammen oder gar noch mehr. Einen Unterschied, den man vielleicht erst in vielen Jahren beziehungsweise Jahrzehnten merken wird.

Zum Beispiel, wenn Hamburg wirklich Olympische Spiele austragen sollte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich selbst erinnere mich leider noch gut an die Niederlage gegen Leipzig im Frühjahr 2003, bei der deutschen Entscheidung in München. Damals haben wir Hamburger uns, wie nicht selten, damit getröstet, dass wir die schönere, die reichere Stadt haben. Sie kennen das. Dieses Mal sollten wir uns damit nicht zufrieden geben. Dieses Mal sind wir dran. Nicht, weil wir eine schöne Stadt, sondern weil wir ein sehr gutes Konzept haben. Und vor allem, weil wir es wollen. Wir sind leider schnell und erfahren darin, gegen etwas zu sein. Lassen Sie uns ausnahmsweise für etwas sein: für Olympia in Hamburg!

Und lassen sie uns all jenen, die noch zweifeln, erklären, dass Olympia auch bei jenen großen Hamburger Problemen helfen würde, die jetzt im Wahlkampf Thema sind: Bei der Infrastruktur vor allem, beim Bau von neuen Straßen und Brücken, beim öffentlichen Nahverkehr ... Wobei Hamburg 2024 wahrscheinlich sowieso weitgehend autofrei sein wird, wenn der Senat in dem Tempo der vergangenen Monate weitermacht (Und Tempo meine ich nicht direkt wörtlich.).

Wir beim Hamburger Abendblatt haben sicherheitshalber schon mal Dienstfahrräder angeschafft, damit unsere Reporter auch künftig noch zu Terminen rund um die Alster kommen...

Viel wichtiger: Das Hamburger Abendblatt wird noch in dieser Woche eine eigene, tägliche Seite zum Thema Olympia einführen, um allen Leserinnen und Leser zu sagen, was Hamburg von den Spielen hätte: Sie würden den Wohnungsbau voran bringen, die Entwicklung neuer Stadtteile beschleunigen, die Bekanntheit Hamburgs in der ganzen Welt dramatisch erhöhen. Und: Die reine Bewerbung um die Spiele würde diese Stadt, die an so vielen Ecken auseinander zu bröseln droht, endlich hinter einer Idee versammeln. Olympia kann dieser Stadt einen neuen Geist geben. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen! – zumal die Austragung der Spiele so teuer nun auch nicht ist: Für einmal Olympia bekäme man gerade zwei Elbphilharmonien...

So, jetzt fragen Sie sich vielleicht, ob es auch etwas kleiner geht. Es geht: Ich komme zum Hamburger Abendblatt. Und ich darf Sie erst einmal beruhigen. In diesem Jahr konnte ich alle Versuche der Verlagsgeschäftsführung, die Einladungsliste für den Neujahrsempfang mit der Liste der Abonnenten abzugleichen, erfolgreich abwehren. Die Verlagsgeschäftsführung wollten doch tatsächlich nachsehen, ob jeder von Ihnen ein Abendblatt-Abo zu Hause hat und danach entscheiden, wer...

Das habe ich natürlich verhindert, aber trotzdem ein paar Stichproben gemacht. Na ja, und was soll ich sagen... Ich sehe schon in der ersten Reihe drei, nein, Entschuldigung, vier Herren, die sich das Hamburger Abendblatt nur in die Firmen liefern lassen. Und dahinter sogar jemanden, der..., ich mag es gar nicht aussprechen. Nur soviel: Ich weiß nicht, wie lange ich die Kaufleute in Schach halten kann. Also, wenn sie tatsächlich nicht HA-Abonnent sein sollten – bis zum nächsten Neujahrsempfang ist zum Glück ja noch etwas Zeit...

Bis zu unserem Umzug sind es dagegen nicht einmal mehr drei Monate: Dem großen Trend folgend, haben wir beim Hamburger Abendblatt selbstverständlich eine eigene Baustelle. Unsere liegt am Großen Burstah und wird hoffentlich bis Ende März bezugsfertig sein. Dann müssen wir nämlich unseren jetzigen Standort verlassen, weil – und jetzt kommt es, meine Damen und Herren – die Freie und Hansestadt Hamburg unser bisheriges Haus für lächerliche 130 Millionen Euro dem Axel Springer Verlag abkaufen will. Früher hätte es gegen einen solchen Plan Lichterketten um die Alster oder zumindest Protestzüge durch die City gegeben. Und heute? Wir werden vom Bezirksamt Mitte vertrieben. Ich persönlich muss mein winziges Büro für Bezirksamtsleiter Andy Grote räumen - lieber Herr Grote, ich kann Ihnen nur wünschen, dass Sie herausfinden, wie sich die Heizung runter drehen lässt... Wir beim HA rächen uns auf unsere Weise: Indem wir so dicht ans Rathaus heran ziehen, wie es nur geht. Wer auch immer Mitglied des neuen Senats wird – er oder sie kann sicher sein, dass Abendblatt-Reporter immer in unmittelbarer Nähe sind...

Bleibt die Frage, wie der neue Senat aussehen wird: So wie der alte, der es tatsächlich geschafft hat, seit der Wahl 2011 unverändert zu bleiben, ein politisches Wunder? Oder gibt es eine neue Konstellation, sollte Olaf Scholz nicht noch einmal die absolute Mehrheit schaffen... Sie, lieber Herr Bürgermeister, erklären ja in diesen Tagen gern, dass Sie im Fall eines Falles mit den Grünen koalieren würde. Und ich frage mich manchmal: Ist das jetzt als ein ernsthafter Plan gemeint oder nur eine geschickt getarnte Drohung? Wahrscheinlich beides... Wir beim Hamburger Abendblatt sind so oder so auf den 15. Februar gespannt, an dem es gar nicht um die Macht im Rathaus, sondern um die besten Plätze bei der Eröffnung der Elbphilharmonie am 12. Januar 2017 geht...

Wie die Schlagzeile am 16. Februar 2015 aussehen wird, kann ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz meines weitsichtigen Nachbars nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, dass Klaus-Michael Kühne maximal Sport- oder Wirtschaftssenator wird. Dafür will ich Ihnen zum Schluss noch die perfekte Schlagzeile verraten. Sie besteht aus jenen neun Worten, auf die die Leserinnen und Leser des Hamburger Abendblatts , aktuell sind es 2,8 Millionen pro Monat, am Kiosk und im Internet, am meisten reagiert haben. (Das Wort Pegida ist nicht dabei, und es ist aus meiner Sicht auch sonst keiner Erwähnung wert.)

Die perfekte Schlagzeile lautet also:

Helene Fischer protestiert auf HSV-Rad gegen das Busbeschleunigungsprogramm.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute für 2015 und viel Spaß mit Ihrem Hamburger Abendblatt. Schönen Dank!