Eine Glosse von Jens Meyer-Odewald

Erst die Nachricht, dass Uwe Seelers Enkel zu Werder Bremen wechselt, dann die Vorhersage, dass die Regenfälle vom Sonnabend nur ein fader Vorgeschmack auf die Güsse des heutigen Montags sind: Die Vorweihnachtszeit ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Selbst am Heiligen Abend soll es reichlich von oben geben. Auch dass sich RTL heute Abend zur besten Sendezeit erdreistet, das Jubiläum „Zehn Jahre Bauer sucht Bauer“ mit einer zweistündigen Sondersendung zu feiern, steigert die Laune nicht gerade.

Ein Segen, dass es „Glühwein-Wolle“ gibt, einen aufrechten Kumpel aus wilderen Zeiten. Wolfgang ist ganz der alte und seinem kindlich verspielten Naturell treu geblieben. Seit Wochen übt er auf der Blockflöte, um die Lieben daheim zum Fest zu beglücken. Längst hat er seine Überraschungen parat, zumeist gebunkerte Gaben aus dem Vorjahr. Da Wolle zudem altes Geschenkpapier und Schleifen hortet, gilt er als Musterspezies des umweltschonenden, kostenbewussten Weihnachtsmannes. Kein Wunder, dass der Profi milde lächelt, wenn sich andere über die aktuelle Geschäftspraxis grämen. Hübsch eingepackt werden die Einkäufe nur noch selten. Bestenfalls stehen sogenannte Serviceinseln bereit, an denen man sich selbst bedienen und Hand anlegen kann.

Nur eines geht „Glühwein-Wolle“ gegen den Strich. Gleichfalls um die Natur zu schützen, geben immer mehr Läden statt Plastiktüten nunmehr Papiertaschen aus. Wenn Wolle mit denen vollgepackt ins Freie tritt, ist die Haltbarkeitsdauer auf Minuten begrenzt. Denn es regnet ja praktisch immer. Und dann weicht alles auf.