Mit Joe Zinnbauer und Christian Streich treffen beim Spiel zwischen Freiburg und dem HSV zwei Trainer aufeinander, die selten zu bremsen sind. Der HSV könnte mit einem Sieg auf Platz Zehn springen.

Hamburg. Mindestens zehn Kameras werden am Sonnabend von der DFL im Schwarzwald-Stadion installiert, damit den Fernsehzuschauern beim Spiel zwischen dem SC Freiburg und dem HSV (15.30 Uhr/Sky) auch nichts entgeht: zwei Führungskameras, Sechzehner flach, Sechzehner hoch, Hintertor, Hintertor hoch, Chipkamera in den Tornetzen. Rundumbeobachtung. Doch ein Bereich wird ausgespart: die Trainerbänke.

Um das Geschehen dort einzufangen, müsste eine Spielfeldkamera umschwenken, mit dem Risiko, eine Spielszene zu verpassen. Spezielle Trainerkameras müssen immer gesondert beantragt und auch von den Vereinen genehmigt werden. Für das Duell zwischen dem 16. und dem 13. der Bundesligatabelle ist das nicht geplant – obwohl eine solche Kamera bei den dortigen Protagonisten vermutlich hoch emotionale Bilder aufzeichnen könnte.

Denn sowohl HSV-Coach Joe Zinnbauer als auch sein Gegenüber Christian Streich eint der Hang zur überbordenden Gefühlswallung, wenn sie die 90 Minuten ihrer Mannschaften an der Seitenlinie verfolgen. Zinnbauer will von außen auf seine Spieler einwirken, sie antreiben und motivieren.

Ab und an übertreibt er es. Unlängst gab der Wahl-Eppendorfer zu Protokoll, dass er seine Emotionen in kritischen Situationen abstellen müsste. „Doch ob das immer so funktioniert, ist eine andere Frage. Jeder Mensch hat eine gewisse Grenze. Wenn die überschritten wird, brechen die Emotionen vielleicht doch mal wieder durch“, sagte der 44-Jährige. So wie beim Spiel gegen Bayer Leverkusen, als Zinnbauer mit Bayer-Coach Roger Schmidt aneinandergeriet.

Streich ist ähnlich. An manchen Tagen kommentiert er fast alle Schiedsrichterentscheidungen mit abfälligen Gesten oder Gebrüll. Beim Bundesligaspiel in Bremen Anfang Oktober entbrannte ein Streit mit dem damaligen Werder-Trainer Robin Dutt, als dem Bremer Alejandro Galvez ein Elfmeter verweigert wurde. „Das ist Elfmeter, oder was? Das ist Elfmeter?“, fragte Streich laut „Bild“ in Richtung von Dutt, der sich über den ausbleibenden Pfiff echauffiert hatte. Der Bremer Coach reagierte ungehalten: „Halt die Klappe.“ Streich zeigte sich ungläubig: „Halt die Klappe? Halt die Klappe, sagt er zu mir!“ Die Szenerie veranlasste Schiedsrichter Knut Kircher zum Eingreifen, der Unparteiische beruhigte die beiden Streithähne an der Seitenlinie.

Die Anspannung ist groß, der Druck muss ab und zu abgelassen werden. Die beiden Übungsleiter benötigen dafür offenbar kurzfristig ein Ventil. Minuten später sind sie allerdings wieder handzahm. Streich ist kurz nach dem Schlusspfiff oft komplett umgedreht. Journalisten gegenüber gibt er dann auch zu verstehen, dass er überreagiert hat. Zinnbauer hat sich ebenfalls schnell wieder im Griff. Er bleibt zwar durchgehend emotional bei der Sache, sitzt selten ruhig auf der Bank, als Dauermotzki mit hochrotem Kopf ist der Neu-Hamburger aber noch nicht in Erscheinung getreten.

Auch der Werdegang der zwei Fußballlehrer ist ähnlich. Beide sind schon seit Mitte der 90er-Jahre im Trainergeschäft tätig, waren als aktive Fußballer eher mittelmäßig begabt und wandelten zwischenzeitlich auf ganz anderen Pfaden. Zinnbauer brachte es auf 17 Zweitligaeinsätze, Streich lief für den FC Homburg immerhin zehnmal in der Bundesliga auf. Zinnbauer versuchte sich mit Erfolg als Inhaber eines Finanzdienstleisters, Streich studierte Geschichte, Germanistik und Sport auf Lehramt. Bevor sie als Bundesligatrainer in Erscheinung traten, machten die Übungsleiter mit guter Arbeit im eigenen Nachwuchs auf sich aufmerksam.

Zinnbauer kennt Streich sogar noch aus Karlsruher Zeiten, als dieser bei einem Pokalspiel dort zu Gast war. „Doch ob Christian mich da schon wahrgenommen hat, weiß ich nicht“, sagt der HSV-Trainer, der seinem Kollegen ein dickes Lob mit auf den Weg gab: „Er hat in Freiburg auf jeden Fall hervorragende Arbeit geleistet. Vor zwei Jahren hat jeder gedacht, Freiburg steigt sowieso ab, doch da hat er es geschafft, die Mannschaft mit wirklich souveränen Leistungen aus dem Tabellenkeller herauszuführen. Er ist ja sogar Trainer des Jahres geworden, hat einiges bewegt.“

Eines unterscheidet die beiden jedoch schon aufgrund ihres Arbeitgebers: der Erfolgsdruck. Für Zinnbauer wäre ein Abstieg mit dem HSV nicht tragbar, und Zinnbauer dann wohl auch nicht mehr für den HSV. Streich hingegen bekam nach den ersten Erfolgen 2012 vom damaligen Manager Dirk Dufner eine Arbeitsgarantie ausgestellt. Auch im Falle eines Abstiegs könnte sich Streich frei entscheiden, ob er weitermachen wolle.

Doch ganz so entspannt ist es in Freiburg Ende des Jahres 2014 wohl auch nicht mehr: Bei der Pressekonferenz vor dem HSV-Spiel reagierte Streich auf Fragen dünnhäutig. „Es ist genug geschwätzt“, pampte der Coach und brach die Medienveranstaltung danach kurzerhand ab. Immer hat er seine Emotionen eben auch nicht im Griff.